: München: Franz Josef boomt
Der neue Münchner Airport ist ein Erfolg, die Konkurrenz wurde geschlossen
Wer an einem Sommertag in der S-Bahn vom Müchner Hauptbahnhof zum Flughafen „Franz Josef Strauß“ gelangen will, entdeckt den Charme der Langsamkeit. Die Fahrt durch das schöne Erdinger Moos dauert 44 Minuten. Da wünscht man sich einen stadtnahen Flughafen!
Den gab es einmal. In München-Riem konnte man genau bis 23 Uhr am 16. Mai 1992 mit dem Flugzeug starten und landen: nur 10 Kilometer vom zentralen Marienplatz entfernt. Doch in dieser Nacht zog der komplette Flughafen mit Hilfe einer riesigen Lasterkolonne an seinen neuen Standort im Nordosten der „heimlichen Hauptstadt“. Zwischen Freising und Erding stand „Franz Josef Strauß“ bereit, 28,5 Kilometer sind es bis zum Münchner Stadtzentrum. Schon um 5 Uhr früh landete am 17. Mai 1992 das erste Flugzeug. Der neue Airport funktionierte auf Anhieb.
Riem dagegen wurde vollständig geschlossen – obwohl es Forderungen gab, den alten Flughafen offen zu halten. Das Gelände wurde zum neuen Messestandort der „Weltstadt mit Herz“. Auch die Messe stach als Argument nicht: Riem blieb tot.
Ein Vorbild für Berlin? Vielleicht. Allerdings diskutierte man auch in München 30 Jahre, wohin der neue Flughafen soll. Etwa 20 Standorte waren im Gespräch. Überall gründeten sich Bürgerinitiativen gegen den Bau. Schon 1969 war zwar der Standort im Nordosten der Metropole gefunden. Doch erst nach jahrzehntelangem Rechtsstreit setzte sich der Freistaat durch.
Die Entwicklung im Luftraum gab den Flughafenplanern Recht: Offenbar war der Bau nötig. Seit 1991 verdoppelte sich die Zahl der Passagiere von gut 10 Millionen auf über 21 Millionen im letzten Jahr. Die Zahl der Starts und Landungen stieg in derselben Zeit von 183.000 auf 299.000 – Riem hätte das nie gepackt.
Anders als in Berlin, so der Münchner Flughafen-Sprecher Hans-Joachim Bues, habe man in der bayerischen Landeshauptstadt „nie ernsthaft erwogen“, den alten Flughafen nicht zu schließen. Auch wegen der Verzögerungen beim Bau des Berliner Großflughafens Schönefeld konnte „Franz Josef Strauß“ nach Bues’ Einschätzung so viele neue Fluggäste gewinnen. Eine Konkurrenz werde Berlin aber auch mit neuem Flughafen nicht wirklich werden – denn bis zur Fertigstellung werde der Flugverkehr so zunehmen, dass Deutschland neben Frankfurt am Main diese beiden Drehkreuze durchaus brauche.
In wenigen Tagen will man in München mit dem Bau eines zweiten Terminals beginnen. Dann können noch einmal so viele Passagiere im Moos in die Luft gehen. Schon im Sommer 2003 sollen sie vom Terminal II aus starten können. Der geplante internationale Großflughafen der Haupstadt ist dann noch nicht einmal eröffnet.
PHILIPP GESSLER
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