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Bund soll etwas schrumpfen

Eckwertepapier sieht geringe Truppenreduzierung und flexible Wehrpflicht vor

BERLIN taz ■ Die militärische Führung wehrt sich offenbar gegen eine drastische Verkleinerung der Bundeswehr. Nach Informationen der Welt hat Generalinspekteur Hans Peter von Kirchbach ein internes Eckwertepapier an Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) übersandt. Darin sprechen sich die Generale nur für eine geringe Verkleinerung der Bundeswehr von heute 323.000 auf 290.000 Mann aus. Sie widersprechen damit den Planungen von Gerhard Schröder (SPD). Der Kanzler strebt im Sinne des Sparkurses seiner Regierung eine deutlich kleinere Bundeswehr an. Von der Regierung waren 270.000 Mann angepeilt.

Die Generale plädieren zudem für eine „flexible Wehrpflicht“. Wehrdienstleistende sollten nur sieben statt heute zehn Monate dienen. Zwei weitere Monate sollten bei Wehrübungen abgeleistet werden. Die Zahl der Wehrpflichtigen soll von heute 134.000 auf 84.000 verringert werden. Die Zahl der Berufs- und Zeitsoldaten soll von 189.000 auf 202.300 erhöht werden. Das Verteidigungsministerium dementierte den Bericht zwar prompt, doch das Eckwertepapier soll der Welt vorliegen.

In ihren Ausführungen setzen sich die Generale zudem für eine Aufstockung bei der Zahl der Wehrübungsplätze ein. Sie soll von 1.500 auf 3.500 erhöht werden. Die Einführung eines Generalstabs wird von den Generalen abgelehnt. Sie wollen die Führungsstruktur der Bundeswehr beibehalten. Offen lassen die Autoren, wie viel Geld die Bundeswehr künftig erhalten soll.

Die Ausarbeitung des Papiers geht zurück auf eine Initiative von Verteidigungsminister Scharping. Er hatte von Kirchbach im März angewiesen, ein Modell für die künftige Bundeswehr zu entwickeln. Kirchbach hat das Eckwertepapier daraufhin in Abstimmung mit dem Planungsstab der Hardthöhe erarbeitet.

Beim Strukturaufbau der Bundeswehr wollen die Generale die bisherige Einteilung in drei Bereiche weitestgehend beibehalten. Nur die Namen sollen sich ändern: die bisherigen Krisenreaktionskräfte (KRK) für UN- oder Nato-Missionen werden in dem Papier als „Einsatzkräfte“ bezeichnet. Für die Landesverteidigung sollen „präsente Kräfte“ zuständig sein. Als dritte Gruppe gibt es die „präsenten Kräfte“ zur Wahrnehmung von Daueraufgaben im Streitkräftebetrieb.

Kernstück der neuen Bundeswehr soll die Gruppe für die Auslandseinsätze sein. Nach der Vorstellung der Generale müssen die Einsatzkräfte erheblich aufgestockt werden – von derzeit 60.000 auf 157.000 Mann.

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