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Friedliches Fest deeskaliert

Im Mauerpark feierten tausende fröhlich in den Mai. Trotz angezündeter Lagerfeuer ließ sichdie Polizei dort nicht blicken. Und ohne Polizeipräsenz gab es auch keinen Anlass zu Randale

von GEREON ASMUTH

Uniformierte Beamte waren am Sonntagabend im Mauerpark weit und breit nicht zu sehen. Dafür gab es Bratwürste und Biergläser in rauen Mengen. Trommelgruppen sorgten neben den offiziellen Rockbühnen für Stimmung, und auch die traditionellen Maifeuer durften auflodern.

In früheren Jahren waren die Maifeuer für die Polizei stets Anlass gewesen, die Walpurgisnacht in Prenzlauer Berg gewaltsam zu unterbinden. In diesem Jahr, da die Polizei selbst das Fest im Rahmen ihres Deeskalationskonzepts „AHA“ initiiert hat, hielt sie sich zurück, und das gesamte Hexenfest blieb friedlich.

„Polizeiliches AHA-Konzept sicherte Volksfeststimmung“, lobte sich die Polizeipressestelle gestern selbst. „So fand das Rockkonzert mit Berliner Jugendbands vor bis zu 3.000 begeisterten Zuschauern statt.“ Dabei ist der Polizei vor allem eins gelungen: Sie „deeskalierte“ eine Veranstaltung, deren Eskalationspotenzial gleich null war. Ohnehin hatte sich in den Walpurgisnächten der letzten Jahre die Situation nur durch Anwesenheit der Polizei zugespitzt.

1990 hatten erstmals hunderte junger Leute auf dem Kollwitzplatz in Prenzlauer Berg die Walpurgisnacht gefeiert. Das Fest ohne Veranstalter und Aufrufer, dafür mit reichlich Trommeln, Tanz und Bier und mehreren Maifeuern, wurde in den folgenden Jahren schnell Tradition.

Doch 1995 endete die Feier in einer stundenlangen Straßenschlacht. Polizei und Feuerwehr waren die Feuer zu groß geworden. Die friedlich Feiernden wurden mit Tränengas und Wasserwerfern vom Platz getrieben. Die Ausschreitungen überraschten auch die Autonomen. Erst im Folgejahr führte ihre Revolutionäre 1.-Mai-Demo zum nun konfliktträchtigen Kollwitzplatz.

Auch bei dem 1996 erstmals von Kiezinitiativen auf dem Platz organisierten Fest kam es zu Ausschreitungen, nachdem die Polizei den Platz gestürmt hatte. In den folgenden Jahren wurde der Kollwitzplatz weiträumig von der Polizei abgeriegelt. Für den Bezirk galt faktisch ein Ausnahmezustand.

Das unorganisierte Hexenfest verlagerte sich derweil zum nahe gelegenen Mauerpark. Schon 1999 feierten dort tausende genau wie in diesem Jahr: friedlich und ohne Polizei vor Ort.

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