: Röter, breiter, schlechter
Radweg auf St. Pauli soll zu Lasten der Fußgänger verbreitert werden. ADFC kritisiert Ausbaupläne des Senats als Verschwendung ■ Von Gernot Knödler
Am Neuen Kamp und an der Feldstraße auf St. Pauli lässt sich erahnen, was sich der rot-grüne Senat unter „Förderung des Radverkehrs“ vorstellt. Auf ein paar Dutzend Metern nahe der Sternstraße wurde der Radweg neu gepflastert und von einem auf 1,50 Meter verbreitert. Der Fußweg misst jetzt nur noch 1,50 statt zwei Meter Breite. Während sich RadlerInnen und FußgängerInnen noch stärker ins Gehege kommen als bisher, darf der Autoverkehr brausen wie eh und je.
In den Augen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) ist dieses Beispiel symptomatisch: Unter dem Etikett „Förderung des Radverkehrs“ würden „immer wieder Maßnahmen zum Schaden der RadfahrerInnen und FußgängerInnen geplant und umgesetzt“, kritisiert der Interessen-Verband. Das grundlegende Problem ist dabei aus Sicht des ADFC: Parkenden und fahrenden Autos werde so viel Verkehrsfläche zur Verfügung gestellt, dass für RadlerInnen und FußgängerInnen kein Platz mehr bleibe. Den Entscheidern fehle „meist der Mut, gute Lösungen gegenüber den Autolobbyisten durchzusetzen“.
Christian Carstensen sieht das anders: „Wir müssen schon zusehen, dass wir alle Verkehrsteilnehmer berücksichtigen“, sagt der Pressesprecher der Bau- und Verkehrsbehörde. Die Stadt sei nun mal über Jahrhunderte gewachsen, so dass sich die Verwaltung darauf beschränken müsse, den vorhandenen Verkehrsraum aufzuteilen. Eine Radspur auf der Fahrbahn komme nicht in Frage, denn gerade auf dem Neuen Kamp und der Feldstraße führen so viele Wagen, dass man dort keine Spur wegnehmen könne.
Dann solle die Behörde doch ganz auf den kostspieligen Umbau verzichten und das Geld für sinnvolle Projekte verwenden, schlägt der ADFC vor. Denn auf der Nordseite des Straßenabschnitts gibt es mehrere Engpässe, an denen ein breiterer Radweg ohnehin nicht in Frage kommt. Und auf der Südseite, vor dem Wal-Mart, müssen schon heute FußgängerInnen massenhaft vom schmalen Bürgersteig auf den rotgeklinkerten Radweg ausweichen, so dass der Nutzen einer stellenweisen Verbreiterung des Radwegs zweifelhaft wäre.
Christian Carstensen ficht das nicht an: Laut Straßenverkehrsordnung soll ein Radweg 1,50 Meter breit sein. „Wenn wir da jetzt eine Veloroute bauen, dann halten wir uns daran“, so der Sprecher. Seine Kollegin Claudia Eggert vom ebenfalls zuständigen Bezirksamt Mitte räumt ein: „Das Problem ist bei uns erkannt.“ Die Sache werde allerdings erst in zwei Monaten bearbeitet. Dann soll eine Begehung zusammen mit der Polizei und der Fahrradbeauftragten stattfinden.
Eine „wirklich gute Lösung“, fürchtet Stefan Warda vom ADFC, wird dabei nicht herauskommen: „Die Strecke Veloroute zu nennen, löst das Problem nicht.“
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