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Mehr als nur der Stoff

In Neukölln bekommen ehemalige Junkies Methadon und Betreuung unter einem Dach

Berlin hat eine zweite Methadonambulanz. In der Neuköllner Karl-Marx-Straße nahe dem gleichnamigen U-Bahnhof bekommen künftig bis zu 200 ehemalige Junkies Methadon und werden medizinisch und psychosozial betreut. Damit ist die zweite Ambulanz für integiertete Drogenhilfe, wie die Einrichtung offiziell heißt, eine Ausnahme.

Die meisten der fast 3.000 Substituierten in Berlin erhalten den Ersatzstoff bei einem niedergelassenen Arzt, zur psychosozialen Beratung müssen sie in eine Drogenhilfeeinrichtung. Die Ambulanzen machen es Schwerstabhängigen leichter, beides zu erledigen – und entlasten zugleich entnervte Ärzte von „nicht wartezimmerfähigen“ Ex-Junkies.

Die erste Einrichtung dieser Art entstand vor drei Jahren am Tempelhofer Ufer in Kreuzberg. „Es hat sich gezeigt, dass das ein erfolgreicher, ganzheitlicher Ansatz ist“, lobte bei der gestrigen Eröffnung Jugendstaatssekretär Frank Ebel (SPD). Träger sind der Drogennotdienst und der praktische Arzt Christian Jellinek, der bislang am Tempelhofer Ufer tätig war. Jellinek residiert über einer Bank und einem Sonnenstudio im vierten Stock eines Neubaus. An einem Schalter hinter Glas, der an eine Bank erinnert, wird das Methodon in täglichen Portionen vergeben. Im Stock darüber ist die psychosoziale Betreuung. Ein Hausmeister, „der woanders Türsteher genannt würde“ (Jellinek), soll dafür sorgen, dass es im Haus keinen Ärger gibt. Zudem habe man Polizei und Bezirk in die Vorbereitungen mit einbezogen.

„Zunächst bekommen die Abhängigen die Chance, sich gesundheitlich und sozial zu zu stabilisieren“, sagte Michael Hoffmann-Bayer vom Drogennotdienst. Nach etwa einem halben Jahr seien tagesstrukturierende Maßnahmen vonnöten. Die Anschubfinanzierung für ein entsprechendes Arbeitsprojekt, freute sich Hoffmann-Bayer, habe der Drogennotdienst jetzt von einer Stiftung bewilligt bekommen. SABINE AM ORDE

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