piwik no script img

Werthebach will befriedeten Bezirk

Innensenator will Sperrzone für Demonstrationen in Mitte. Koalitionspartner SPD lehnt dies ab

Die Kreuzberger Krawalle nach der revolutionären 1.-Mai-Demonstration haben gestern die Debatte um das Versammlungsrecht angefacht. Innensenator Eckart Werthebach (CDU) sprach sich erneut für eine Beschneidung des Demonstrationsrechtes aus. Ein Verbot der linken Mai-Demo schloss er aber aus, weil sich damit die Ausschreitungen nicht verhindern ließen. „Das ist keine Frage, die ich mit dem Versammlungsrecht in den Griff bekommen kann“, so Werthebach.

Er will dem Senat in Kürze seine Vorstellungen zur „Präzisierung“ des Demonstrationsrechts vorlegen. Rund um das geplante Holocaust-Mahnmal am Brandenburger Tor will Werthebach einen „befriedeten Bezirk“ durchsetzen. Damit würden nicht nur rechte, sondern jedwede Demonstrationen in der Nähe des Brandenburger Tores unterbunden. Als Präzedenzfall für einen befriedeten Bezirk nannte Werthebach die Olympischen Spiele 1972. Zudem plädierte er dafür, den Begriff „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ im Versammlungsrecht enger zu fassen. Im vergangenen Herbst hatte Werthebach bereits vorgeschlagen, den befriedeten Bezirk rund um den Bundestag bis zum Holocaust-Mahnmal auszuweiten, war damit aber gescheitert. Der befriedete Bezirk ersetzt die Bannmeile um den Bundestag und ist ausschließlich zum Schutz des Parlaments gedacht.

Der Koalitionspartner SPD lehnte Werthebachs Vorstellungen gestern entschieden ab. „Dem Innensenator geht es nicht um die Bannmeile, sondern um eine Demonstrationsverbot für die Innenstadt. Das ist mit der SPD nicht zu machen“, erklärte SPD-Chef Peter Strieder. Die 1.-Mai-Krawalle dürften nicht als Vorwand für die Aushebelung des Rechtsstaates dienen. Es sei nicht sinnvoll, die Stadt in befriedete und nicht befriedete Bezirke einzuteilen. Dies sei der „untaugliche Versuch“ Werthebachs, die Debatte um die Bannmeile wieder aufleben zu lassen.

Unterstützung erhielt Werthebach nur von CSU-Generalsekretär Thomas Goppel. Er forderte, in Berlin am 1. Mai linke und rechte Veranstaltungen zu verbieten und das Versammlungsrecht zu verschärfen. „Immer wiederkehrende Gewaltmärsche dürfen nicht als Schönheitsfehler der Republik akzeptiert werden.“ DOROTHEE WINDEN

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen