„Jetzt wird man gezwungen, entspannt zu fahren“

Der Organisator der Blade Night, der Anwalt Jan-Philipp Sexauer (33), ist erfreut und etwas besorgt über deren rasante Entwicklung

taz: Früher stauten sich die Autofahrer, wenn die Skater unterwegs waren, nun stauten sich bei der Blade Night am Mittwoch abend 50.000 Skater. Werden sie vom Erfolg überrollt?

Jan-Philipp Sexauer: Im letzten Jahr hat die Polizei über 25.000 Teilnehmer geschätzt, dieses Mal waren es doppelt so viele. Die Polizei nimmt die Zeit, die der Korso braucht, um an einem bestimmten Punkt vorbeizufahren. Diese Zeit hat sich verdoppelt. Also ist die Zahl von 50.000 Skatern nicht unseriös. Aber mir waren es fast zu viele; man erschrickt schon, wenn man plötzlich im Stau steht.Normalerweise freuen sich Demonstrationsveranstalter über möglichst viele Teilnehmer.Natürlich war es eine Freude, was die politischen Ziele angeht. Wenn man aber die Verantwortung trägt, dann hofft man, dass alles gut geht. Es ist ja auch alles gut gegangen. Aber dass wir vom Erfolg überrollt werden, kann man so nicht sagen. Es ist ein deutliches Zeichen. Man sieht, wie viele Leute auf Skatern unterwegs sind und dass es höchste Zeit ist, sie in den Verkehr zu integrieren. Wenn man unseren Modellversuch durchführen und die Straßen in Berlin an Sonntagen für Skater öffnen würde, müssten sich die 30.000 oder 50.000 nicht mehr in zwei Stunden drängeln und die Blade Night wäre nicht mehr nötig.

Wie gehen Sie mit dem loveparademässigen Anstieg um?

In den nächsten Wochen muss man darüber nachdenken, ob man die Route vielleicht ändern kann und breitere Straßen nimmt, um die Massen zu kanalisieren. Der Vergleich mit der Love Parade ist aber unpassend. Bei der Love Parade ist nur ein Prozent aktiv und der Rest schaut einfach zu, während wir eine Aktivenquote von 100 Prozent haben.

Punkt sechs der Blade-Night-Regeln empfiehlt, entspannt zu fahren und die Kulisse der Stadt zu genießen. Geht das noch?

Ich würde es anders herum sagen: Mittlerweile wird man gezwungen, entspannt zu fahren. Selbst wer rasen möchte, könnte das gar nicht mehr.

Wer ist dabei?

Natürlich liegt der Schwerpunkt auf dem Alter zwischen 15 und 30 Jahren, weil es ein junges Verkehrsmittel ist. Wenn ich 60 wäre, würde ich es auch nicht lernen – aber ich werde mit 60 Jahren noch skaten! Wir haben alles dabei, bis hin zur 70-Jährigen. Ich habe schon Hausbesetzer und Richter getroffen.

Wer fehlt Ihnen noch?

Wenn Stadtentwicklungssenator Strieder und Verkehrsminister Klimmt an der Spitze der Blade Night führen, das wäre nicht schlecht. Sie können die entscheidenden Dinge bewegen, um Skater in den Verkehr zu integrieren.

Interview: BARBARA BOLLWAHN DE
PAEZ CASANOVA