Grüne Rache durch die kalte Küche

Grüner Landesparteitag in Hessen ließ die Fraktionsvorsitzende Priska Hinz durchfallen. Die Vorstands-Doppelspitze ist damit nur halb besetzt: Hubert Kleinert gewählt, der Posten der Vorstandssprecherin bleibt vorerst unbesetzt

aus Niedernhausen HEIDE PLATEN

Der Blumenstrauß für Priska Hinz (41) blieb in der Ecke stehen. Der karg besuchte Landesparteitag war verpatzt, die Wahl geplatzt, die Landtags-Fraktionsvorsitzende Priska Hinz demontiert: Unterbrechung der Versammlung, Auszeit für den Vorstand.

Die knapp 180 hessischen Grünen standen am Samstag gegen 16 Uhr vor der Autalhalle in Niedernhausen im Taunus wie die begossenen Pudel: „Wir watschen uns nur ab!“ „Verantwortungslos!“ „Echt Fundi-Methoden!“ Hinz war zuvor mit ihrer Kandidatur für das Amt der Vorstandssprecherin mit einem Stimmenergebnis von 72 Ja- gegen 84 Nein-Stimmen rasant durchgefallen. 17 Parteimitglieder enthielten sich.

Hinz war hart im Nehmen. Die ehemalige Erzieherin, die von 1998 bis zur rot-grünen Wahlniederlage hessische Umweltministerin war, erklärte, sie werde selbstverständlich trotzdem Fraktionsvorsitzende bleiben.

Der Misstrauensbeweis durch die Abwahl war aus heiterem Himmel gekommen. Keine offene Kritik an der Fraktionsvorsitzenden, keine Gegenkandidatur hatte auf das Desaster hingewiesen. Die Konflikte bei den Grünen, sowohl solche der Generationen als auch Unmut über die im Dezember mehrheitlich aufgehobene Trennung von Amt und Mandat, hatten stattdessen monatelang unter der Decke geschwelt.

Die Nachwahl war notwendig geworden, weil die bisherige Mann/Frau-Doppelspitze Daniela Wagner und Hartmut Bäumer nach nur einem Jahr Amtszeit von dem Ehrenamt zurückgetreten war. Etliche Delegierte werteten den Rücktritt als „taktisches Manöver“. Wagner und Bäumer hatten dafür berufliche Gründe genannt und plädierten dafür, die Sprecher-Posten künftig zu „professionalisieren“, das heißt zu bezahlen. Die Versammlung stimmte dem zu.

Die Delegierten wählten dann den wie Hinz von Vorstand und Landtagsfraktion vorgeschlagenen zweiten Kandidaten, den Marburger Hubert Kleinert, und besetzten so wenigstens einen Sprecherposten. Kleinert erhielt 100 Ja- und 46 Nein-Stimmen.

Der Wahl war eine Brandrede des scheidenden Vorstandssprechers Bäumer vorausgegangen. Er nannte die Niederlage von Hinz so kurz vor den Kommunalwahlen „ein Armutszeugnis“: „Wir stehen auf der Kippe. Wir sind keine Partei mehr, der die Massen zulaufen!“ Der Regierungspräsident a. D. untermauerte seine Philippika mit einem herzhaften: „Verdammte Scheiße!“ Die Mehrheit lehnte anschließend einen Antrag auf eine Vertagung der Wahlen ab.

Während Hinz sich in ihrer Vorstellungsrede darauf beschränkt hatte, die CDU/FDP-Regierung und deren Spendenaffäre heftig zu kritisieren, ging Kleinert auf die Niederlage von Hinz ein. Diese sei, stellte er fest, „so eine Art Misstrauenserklärung gegen den Landesvorstand“. Dieses „untergründig spürbare Misstrauen“ hätten sowohl der Vorstand als auch deren Sprecher „nicht verdient“. Sie hätten es immerhin geschafft, die Partei nach der Wahlniederlage Anfang 1999 und während der Zeit der parteiinternen Zerreißprobe wegen des Kosovo-Krieges zusammenzuhalten.