: Verhaftungen in Manila wegen „ILOVEYOU“-Virus
Polizei nimmt Verdächtige samt Disketten mit, dennoch ist eine Anklage fraglich. Stammt der Virus vielleicht von einem Deutschen?
MANILA/TOKIO afp/taz ■ Im Fall des verheerenden E-Mail-Virus „ILOVEYOU“ hat die Polizei in Manila gestern ein philippinisches Ehepaar und die Schwester der Ehefrau als Tatverdächtige vorübergehend festgenommen. Der 27-jährige Bankangestellte wurde zur Vernehmung in ein Gebäude der philippinischen Bundespolizei NBI gebracht. Getrennt festgenommen wurden seine Frau, ebenfalls eine Bankangestellte, und deren Schwester.
NBI-Chef Federico Opinion sagte, für die Verdächtigen habe es zwar keinen Haftbefehl gegeben; bei der Durchsuchung ihres Hauses in Manila seien aber Beweismittel beschlagnahmt worden, die eine Festnahme rechtfertigten. Unklar ist, wer von den dreien hinter der Virusattacke stand, die per E-Mail weltweit Millionen Computer lahm gelegt hatte. Ermittlern zufolge wurde „ILOVEYOU“ vermutlich von einem Tischrechner im Haus der Verdächtigen in dem Mittelschichtbezirk Pandacan aus lanciert. Bei der Hausdurchsuchung unter Mitwirkung von Interpol und der US-Bundespolizei FBI wurden Computerzubehör, Disketten, PC-Magazine und eine Telefonanlage sichergestellt. Die drei Verdächtigen sollten zunächst befragt werden. Ob sie formal inhaftiert werden, war noch offen.
Der Chef der Kriminalpolizei, Federico Opinion, sagte, es könne schwierig werden, Anklage zu erheben. „Wir haben dafür eigentlich kein Gesetz.“ Und selbst wenn der Virus von Computer der drei aus um die Welt geschickt wurde, müssen sie nicht zwangsläufig der Täter sein.
Der schwedische Computerexperte Fredrik Björck sagte, zumindest einer der Festgenommenen habe irgendwann in Kontakt zum eigentlichen Erfinder von „ILOVEYOU“ gestanden. Dieser Urheber sei ein deutscher Austauschstudent in Australien, bekräftigte Björck, der im vergangenen Jahr bereits den Erfinder des „Melissa“-Virus ausfindig gemacht hatte.
Der erstmals am Donnerstag aufgetretene „LOVE“-Virus hatte in den vergangenen Tagen in verschiedenen Varianten per E-Mail mehrere Millionen Rechner in Asien, Europa und Nordamerika lahm gelegt und Schäden von bis zu zehn Milliarden US-Dollar verursacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen