piwik no script img

Soundcheck

Heute: Till Brönner Group. Dass man beim Hören von Musik in herzhaftes Gähnen verfallen kann, muss noch nicht gegen sie sprechen. Diese hier zum Beispiel mag ohne weiteres einen prima Freitagsfeierabend einläuten helfen, und auch bei einem allfälligen Chill-Out würde sie keinesfalls stören. Chatting With Chet, die vorgebliche Verneigung der deutschen Trompetenhoffnung Till Brönner vor Chet Baker, der toten tragischen Idolfigur des Jazz, ist natürlich gar keine solche. Der Hommage-Trick dient vielmehr als Gelenk, über das der tadellose Jungstar und seine Plattenfirma Verve ihr Marketing abwi-ckeln. Fragt sich nur noch: Bei wem, wenn nicht der Kundschaft?

Auf der neuen CD herrscht lichterlohe Panik, es einer breitestmöglichen Zielgruppe vielleicht doch nicht recht zu machen. Till Brönner ist erst einmal eifrig bemüht, Musik zu verkaufen, und übt sich in Beteuerungen, es sei seine eigene. Die Chance, etwas Allgemeingut in die Welt zu setzen, die sich im Gegenzug seinen Namen merkt, lässt er sich als gewiefter zeitgenössischer Artist nicht entgehen. Die Gefahr, darüber selber ein verwechselbares Produkt zu werden, kann er später immer noch bannen.

Und es ist in der Tat nicht schon alles verloren, denn Brönner ist hörbar vernarrt in das Hervorbringen von Musik. Bloß dass gegen seine verbastelten Balladenbearbeitungen selbst Barbara Dennerlein einen stärkeren Eindruck hinterlässt. Und, um den Kreis erfolgreicher deutscher Jungjazzer noch etwas zu erweitern, Johannes Enders als der beeindruckendere Musiker dasteht. Mag sein, auch als der ernsthaftere. Aber mit der Konsequenz, dass sein 2-Wege-Katalysator identifizierbare Resultate bringt: hie Jazz, und zwar ebenfalls von der herkömmlichen Sorte (gerade ist die famose CD Quiet Fire erschienen), da Experiment (zuletzt mit dem Tied & Tickled Trio). Im Vergleich zu Enders wirft Brönner auf Chatting with Chet zu viel durcheinander und zelebriert ein blank poliertes Nullsummenspiel. Andreas Schäfler

Fabrik, 21 Uhr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen