: In dreizehn Jahren um die Welt
■ Der Brasilianer Zé do Rock macht „Performens“ auf „ultradoitsh“ in der Werkstatt 3
„Zé do Rock is vor verdammt langer zeit in Brasilien geboren, hat nix studiert aber 14630 tage geleebt, 1357 litter alkohol gesoffen, 940 stunden flöte und 648 stunden fussbal gespilt, 200.000 km in 1457 autos, flugzeugen, schiffen, zügen, oxenkarren und traktoren geträmpt, 111 länder und gefängnisse besucht, sich 8 mal verliebt, 2 bücha geshriben, ein film gedreet, eine kunstsprache erfunden, ein vereinfachtes deutsh kreirt und er lebt noch heut, meist in München.“ Soviel zu seinem Leben in Kürze. Doch der Reihe nach:
Zwei Bücher hat er veröffentlicht: fom winde ferfeelt, sein Erstling und eine Art Autobiographie auf Speed. Auf 280 Seiten rast sein Leben vorbei: Auf der ersten Seite sind bereits sämtliche Vorfahren, angefangen bei seiner UrUrUr-Großmutter, tot. Nicht gerade die Ruhe und Epik großer Familien-Sagas. „ich will von Brasilien nach Brasilien, über die andre seite, mal sehn, ob die erde wirklich rund is.“ Gesagt, getan. Er reist durch die Kontinente, versucht vergeblich in Caracas mit dem Flugzeug zu trampen, nutzt jede Gelegenheit, die ihn in andere Länder führt.
Für Die Zeit schreibt er vom Milleniums-Wechsel aus dem Senegal: „Les allemands caufent venigère beulleurs om la monaie stattdessen nach Afrique zou chic, Ûbère les africains caufent mit dise geld cain brôt sondern beulleurs.“ Er berichtet von Begegnungen mit der „polizei“ und mit „fraun“: „ich zieh sie aus, was für eine freude. ah, la jeunesse!“. Inzwischen lebt Zé do Rock (bitte: „Sä do Rock“) in München. Er beobachtet: „wir brasilianer haben mit diskriminierung nix am hut: in deutschland werden ausländer überfallen, in brasilien wird jeder überfallen.“
Ganz nebenbei liefert er eine Rechtschreibreform für die deutsche Sprache ab. „Jede Sprache hat ihre eigenen Tücken. Was Deutsch von diesen Sprachen unterscheidet, ist, dass es alle Probleme aufweist.“ Gleich zwei Modelle legt er für sein „Ultradoitsh“ vor: das U-Modell, wie unseriös, dass zeigen soll, wie einfach Sprache sein kann, wenn man es nur will. Und das seriöse S-Modell: beginnend 1995 sieht es zwei Änderungen pro Jahr vor bis zum Jahr 2012: „Die alte Schreibweise wäre parallel gültig, bis der letzte, der so schreibt, ausgestorben ist.“ Klingt charmant.
Das letzte Quentchen Basisdemokratie liefert das in Umfragen auf Lesungen beschlossene „Wunschdeutsch“ aus Zé do Rocks aktuellem Buch UFO in der Küche. Übrigens seine zweite Autobiografie. Nicht schlecht mit 41 Jahren. Tempo und Anarchie fehlen auch hier nicht: auf den ersten Seiten wird der Held Pe du Jazz von Außerirdischen für Experimente entführt. Er kehrt 2019 zurück und muss feststellen, dass sein Alter Ego den Kritiker Rauch-Rampenliczki entführt haben soll und deshalb in Stammheim sitzt. Noch Fragen?
Begleitet wird er von Michael Lüning und der „se aba gud aus“. Zé end. Volker Peschel
heute, 19.30 Uhr, Werkstatt 3
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