: Alter Hase für neue Medien
Bernd Schiphorst war in den letzten 30 Jahren stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort in der Medienbranche. Nun soll er als designierter Medienbeauftragter die Länder Berlin und Brandenburg aus dem medialen Dornröschenschlaf wecken
von ARNO FRANK
Lange genug dauerten die Auseinandersetzungen um den begehrten Posten – und nun, da sich der Berliner Senat und die Landesregierung von Brandenburg endlich auf einen gemeinsamen Medienbeauftragten besonnen haben, designierten sie gleich eine der schillerndsten Persönlichkeiten der Branche: Für Bernd Schiphorst selbst scheint sich damit nach äußerst wechselvoller Karriere ein Kreis zu schließen. Von 1964 bis 1970 nämlich studierte der gebürtige Oldenburger an der Freien Universität Berlin Volkswirtschaftslehre, Politologie und Publizistik.
Unmittelbar nach dem Studium wurde der Diplom-Volkswirt nach Hamburg berufen, wo er für den Verlag medien & märkte nicht nur die Geschäfte führte, sondern als Chefredakteur gleichzeitg deren Flaggschiff leitete, den „Nachrichtendienst für die Kommunikationsbranche“, Der Kontakter. Diese einflussreiche Position nutzte er als Sprungbrett für seine wechselvolle Karriere. In den acht Jahren, die Schiphorst den Kontakter bis 1978 führte, hatte er ausreichend Gelegenheit, Spielregeln und Chancen der Branche kennen zu lernen und für seine Zwecke zu nutzen. Wer auch immer in der Medienlandschaft der Siebzigerjahre von Bedeutung war, der kam an Bernd Schiphorst kaum vorbei. Sein Ruf, beste Kontakte zu allen nennenswerten Akteuren der Branche zu pflegen, rührt aus dieser Zeit.
Dass er es auch verstand, seine einflussreiche Stellung an der Quelle aller medienrelevanten Informationen umzumünzen, zeigt sein Wechsel zur Gütersloher Bertelsmann AG. Schiphorst wurde Leiter des Vorstandsbüros und Pressesprecher des Vorstandsvorsitzenden von Gruner + Jahr. Darüber hinaus bekleidete er auch die Stabsabteilung für den Bereich „Neue Medien“ – hier konnte Schiphorst im denkbar frühesten Stadium die Weichen einer Entwicklung stellen, deren Siegeszug 1979 nur gut informierte Optimisten ahnen konnten. Zu einer Zeit wohlgemerkt, als namhafte Computerhersteller noch verbreiteten: „Es gibt wirklich keinen erdenklichen Grund, weshalb jemand einen Computer für zu Hause wollen sollte.“
So begleitete Schiphorst, wieder zur rechten Zeit am rechten Ort, den anrollenden Boom der PC-Industrie bis 1984. Zwar blieb er Mitglied im Bereichsvorstand „Elektronische Medien“ der Bertelsmann AG, gründete aber daneben mit seinem Arbeitgeber die Ufa Film- und Fernsehen GmbH, deren Geschäfte er bis 1995 leiten sollte. Seine Aufgabe war es sprichtwörtlich, den Konzern auf die Mattscheibe zu bringen. Maßgeblich war Schiphorst nun an der Einführung des Senders RTLplus beteiligt, brachte das Bezahlfernsehen Premiere an den Start und betrieb die Gründung von Radiostationen wie Antenne Bayern, Radio Hamburg und Radio NRW.
Als kühl kalkulierender Geschäftsmann in Diensten der auch bei Sportrechten sehr engagierten Ufa machte sich Schiphorst nicht nur Freunde: ARD und ZDF jagte er die Fußball-Übertragungsrechte ab, um sie den Sendern anschließend wieder zu verkaufen. 1992 fädelte er die Aufsehen erregende Beteiligung der Ufa beim Bundesligisten Hertha BSC ein – nicht aus sportlichem Interesse, sondern um den Bundesligisten zu einem Unterhaltungsunternehmen nach Vorbild des FC Bayern München umzubauen. So erfolgreich war das Arrangement, dass Schiphorst zeitweilig gar als Anwärter auf den Präsidentensessel von Hertha BSC gehandelt wurde.
Von 1993 bis 1995 machte er als Geschäftsführer des gebeutelten Kölner Privatsenders Vox Furore, als er die Sanierung und inhaltliche Neuausrichtung des Kanals betrieb. Da galt er längst schon nicht mehr nur als Hansdampf in allen Gassen, sondern als graue Eminenz der Medienbranche, dem nahezu jede Aufgabe anvertraut werden konnte.
Schiphorst zog es vor, in Sachen Multimedia endlich Nägel mit Köpfen zu machen: Als Präsident des Joint Ventures von Internetprovider AOL und Bertelsmann konzentrierte er sich darauf, den elektronischen Kommerz durchzusetzen. 1999 dann war der Gipfel der Karriere praktisch erreicht: Er kümmerte sich für die Hamburger Handelskammer um Medienwirtschaft, saß im Kommunikationsbeirat der Siemens AG und im Kuratorium des Thalia Theaters – ganz zu Schweigen von seiner Stellung als Vorstandsmitglied der weltweit agierenden Bertelsmann Multimedia.
Auftritte in dieser Schlüsselposition nutzte er geschickt, sozialpolitische Verantwortung zu exerzieren und sich für staatstragende Aufgaben zu empfehlen: „Wir brauchen jetzt keine Insellösungen“, forderte er im August 1999 und betonte auf Vorträgen mit Blick auf den E-Commerce: „Hier entstehen hunderte von Arbeitsplätzen, und dafür brauchen wir Rechtssicherheit und klare Planungsvorgaben.“
Eben darum wird sich der nunmehr 58-Jährige künftig zu kümmern haben. Sein bisheriger Arbeitgeber scheint sich mit dem Wechsel bereits angefreundet zu haben, zumal Schiphorst für eine Übergangszeit weiterhin für Bertelsmann tätig sein wird: „Von uns aus ist alles klar“, sagte Bertelsmann-Sprecher Manfred Harnischfeger.
Schiphorst hat sich als visionärer „Spin Doctor“ auch in aussichtslosen Situationen verdient gemacht. Jetzt muss sich weisen, ob er rechtzeitig angekommen ist, um Berlin und Brandenburg aus ihrem medialen Dornröschenschlaf wachzuküssen.
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