: Obersheriff Schily zufrieden
Kriminalstatistik: Die Gesamtzahl der Straftaten ist 1999 zurückgegangen
BERLIN taz ■ Sichtlich zufrieden stellte Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) gestern die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 1999 vor. Alle drei wichtigen Indikatoren – die Straftatenvorbeugung, deren Aufklärung und das Sicherheitsgefühl der Bürger – seien positiv, meinte Schily. „Über die Bilanz können wir sehr zufrieden sein.“
Die Gesamtzahl der erfassten Straftaten ist gegenüber dem Vorjahr von knapp 6,5 Millionen um 2,4 Prozent auf 6,3 Millionen gesunken. Damit hat sie den niedrigsten Stand seit 1993 erreicht. Wie 1998 ist rund die Hälfte der Delikte der Diebstahlskriminalität zuzurechnen. Beim Kfz- und Ladendiebstahl, bei Taschendiebstählen und Wohnungseinbrüchen, selbst bei der „Straßenkriminalität“ (Raub- und Körperverletzung) meldete Schily teils starke Rückgänge. Auch bei tatverdächtigen Kindern, Jugendlichen und Ausländern sind die Zahlen rückläufig.
Einen geringfügigen Anstieg (0,2 Prozent) habe man allerdings bei Gewalttaten wie schwerem Raub, gefährlicher Körperverletzung, Mord und Totschlag verzeichnen müssen. Stärker seien die Steigerungen hingegen im Bereich der Wirtschaftskriminalität (plus 26,3 Prozent) und im Drogenbereich (plus 4,6 Prozent).
Paralell zu dieser Entwicklung stieg die Aufklärungsquote Schily zufolge auf 52,8 Prozent und erreichte damit den besten Stand seit 1966. „Deutschland ist im Vergleich eines der sichersten Länder überhaupt“, meinte Schily. Eifrig bemühte sich der Minister dabei darauf hinzuweisen, dass die PKS „nicht das wahre Kriminalitätsgeschehen“ widergäbe, sondern lediglich die Zahl der Straftaten, die der Polizei bekannt und von ihr bearbeitet worden seien. Darauf weisen Kriminologen und kritische Polizeibeamte bereits seit Jahren hin.
Nun ist diese Erkenntnis auch auf der Ministerebene angekommen. Um künftig zu einer genaueren Bewertung zu kommen, will Schily gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium zum Jahresende erstmals einen „Sicherheitsbericht“ erstellen, in den auch die staatsanwaltschaftlichen Zahlen über den Ausgang von Gerichtsverfahren einfließen sollen.
Wie anfällig die PKS für politische Interpretationen ist, machte Schily dabei unfreiwillig deutlich, indem er darauf hinwies, man habe die Zahlen zur Ausländerkriminalität (bei Schily heißt es nun „nicht deutsche Tatverdächtige“), „so herausgearbeitet, dass keine Vorurteile entstehen können“.
Organisierte Kriminalität, bei Amtsvorgänger Manfred Kanther (CDU) noch die kriminelle Wachstumsbranche schlechthin, taucht in der Präsentation gar nicht mehr auf. Sie ist in den „Sachzusammenhängen verschiedener Lagebilder“ aufgegangen.
OTTO DIEDERICHS
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