: Renaissance des US-Baseballs
Fünf Jahre nach dem verheerenden Arbeitskampf im US-amerikanischen Baseball mit Streik, Aussperrung und – nach neunzig Jahren – der erstmaligen Absage der World Series, kamen in den vergangenen drei Jahren die Fans in Scharen zurück. Der älteste Profisport der Welt wurde wieder zu einer der wichtigsten nationalen Angelegenheiten der Amerikaner.
Zum Boom tragen auch die vielen neu eröffneten Stadien bei, die den Fans einerseits jeden erdenklichen Komfort bieten und andererseits gestaltet sind wie die ersten Spielstätten vom Anfang des Jahrhunderts. Unter efeuumrankten Wänden und mit bisweilen deutlich verringerten Zuschauerzahlen werden in diesen Retroballparks dank Luxuslogen, Parkplatzbewirtschaftung und einem umfangreichen Entertainment- und Konsumangebot nebst Merchandising die Profite maximiert.
Zu dieser Saison wurden neue Stadien in Detroit, Houston und San Francisco eröffnet, in Milwaukee und Pittsburgh werden die traditionsreichen, aber veralteten Ballparks nach dieser Spielzeit geschleift.
Die höchste Spielklasse im Baseball heißt Major Leagues und besteht aus der National und der American League. Zu Beginn des Jahrhunderts konkurrierten die beiden rivalisierenden Ligen tatsächlich noch um die Zuschauer, aber längst hat man sich zusammengeschlossen.
Inzwischen hat die Aufteilung hauptsächlich historische Gründe. 1903 spielten die beiden Meister erstmals die World Series aus, um die spielstärkere der beiden Ligen zu ermitteln.
162 Spiele bestreitet jedes der dreißig Major League Teams in der fünf Monate dauernden Saison. Um das monumentale Programm unterzubringen, muss fast täglich ein Match angesetzt werden. Manchmal finden sogar zwei Spiele an einem Tag statt, was der Baseballer dann Doubleheader nennt.
Unterbrochen wird die Saison nur von einer kurzen Pause um das All-Star Game herum, das dieses Jahr am 11. Juli in Atlanta stattfindet.
Für die Playoffs qualifizieren sich die acht besten Teams, die vom 3. Oktober an die beiden Teilnehmer der World Series ermitteln. Diese wird vom Amerikaner liebevoll the fall classic („Der Herbstklassiker“) genannt, beginnt am 21.Oktober und kann maximal sieben Spiele dauern.
Favoriten sind – wie eigentlich in jedem Jahr – die New York Yankees, das Bayern München des Baseball, die Atlanta Braves, das erfolgreichste Team der Neunzigerjahre, die Cleveland Indians, die seit 46 Jahren auf den Titel warten, sowie die Boston Red Sox.
Dort, in New England, sehnt man sogar bereits seit 82 langen Jahren den Gewinn der World Series durch die heimischen Red Sox herbei – das ist Rekord im amerikanischen Profisport.
Perspektivisch will Baseball über seine traditionellen Grenzen hinaus expandieren: Diese Saison begann man in Japan mit zwei Spielen zwischen den Chicago Cubs und den New York Mets. Erfolgreich sei die Exkursion verlaufen, befand Ligachef Bud Selig anschließend; man werde die „sehr aggressive Internationalisierungspolitik“ weiter betreiben.
Wer hierzulande vollständige Baseballspiele sehen will, muss den Bezahlsender Premiere World abonnieren. Wer sich dem verweigert, kann versuchen herauszufinden, auf welcher abgelegenen Wiese Spiele der Baseball-Bundesliga stattfinden. THOMAS WINKLER
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