: Wehrpflicht: Schluß
Bayerns SPD-Chefin Renate Schmidt: Ohne Wehrgerechtigkeit darf es keine Wehrpflicht geben
BERLIN dpa/taz ■ Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Renate Schmidt hat sich in scharfen Worten von Plänen des Verteidigungsministers ihrer eigenen Partei distanziert. Schmidt forderte die völlige Abschaffung von Wehrpflicht und Zivildienst. Es könne nicht angehen, dass der Bedarf an Zivildienstplätzen im sozialen Bereich als Begründung für den Erhalt der Wehrpflicht herhalte, sagte die bayerische Politikerin. Schmidt: „Das ist eine hanebüchene Argumentation.“
„Wir dürfen uns keine Tabus auferlegen“, verlangte Schmidt. Sie stellte sich damit gegen Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD), der sich auf ein Festhalten an der Wehrpflicht festgelegt hat. Der Minister wird dabei offenbar von der Mehrheit der SPD-Spitze und der SPD-Bundestagsfraktion unterstützt. Ein Ende der Wehrpflicht und eine drastische Verkleinerung der Bundeswehr verlangt dagegen auch der saarländische SPD-Fraktionschef Heiko Maas. Der Grünen-Rechtspolitiker Volker Beck begrüßte am Samstag den Vorstoß Schmidts.
Nach Ansicht von Renate Schmidt steht die Verfassungsmäßigkeit der Wehrpflicht zunehmend in Zweifel. Der Auftrag der Bundeswehr habe sich verändert, das heiße, die Wehrpflicht unterliege künftig auch verfassungsrechtlichen Beschränkungen: „Ob wir Wehrpflichtige zwangsweise auch bei Aufträgen außerhalb der Landesverteidigung einsetzen dürfen, ist äußerst fraglich.“
Schmidt, die in Bayern Landes- und Fraktionschefin ist, plädierte statt des Zivildienstes für einen gezielten Ausbau des freiwilligen sozialen Jahres. „Man kann niemanden zwingen, alte Menschen gut zu pflegen oder einfühlsam mit Behinderten umzugehen – das kann nur auf freiwilliger Basis geschehen“, sagte sie.
Für das soziale Jahr müssen ihrem Vorschlag zufolge die Anreize verbessert werden. Die Weizsäcker-Kommission will am 23. Mai ihre Vorschläge offiziell vorlegen. Laut Focus sollen danach etwa 265 der derzeit rund 660 Bundeswehrstandorte geschlossen werden. Die Gelder, die dadurch eingespart und beim Verkauf von Liegenschaften eingenommen werden könnten, sollten direkt dem Verteidigungshaushalt zugute kommen.
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