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Blader-Alltag auf’m Gehweg

Frühestens 2001 will das Bundesverkehrsministerium entscheiden, ob Inline-Skates als Verkehrsmittel anerkannt werden. Skater fordern Modellversuch

Inline-Skater kommen schnell wie die Wespen, so sieht es jedenfalls der Fußgängerschutzverein Fuss e.V. Nirgendwo sind sie gelitten. Die einen wollen sie vom Gehweg verbannen, die anderen sie nicht auf die Straße lassen. Und Alternativen wie in den USA – extra angelegte Skate-Strecken, etwa entlang des Hudson Rivers in Manhattan – gibt es kaum.

An der verkehrsrechtlichen Situation wird sich auch in diesem Jahr nichts ändern. „Inline-Skater gehören laut Straßenverkehrszulassungsordnung auf den Gehweg“, sagt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums. Zwar seien sie viel schneller als Fußgänger, Probleme könnten aber durch gegenseitige Rücksichtnahme minimiert werden. Auf die Straße könnten die Skater nicht, das sei zu gefährlich.

Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD), der nach Abstimmung mit den Ländern die Verantwortung für Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) trägt, hat mittlerweile eine Studie bei der Bundesanstalt für Straßenwesen in Auftrag gegeben. Die Untersuchung, deren Ergebnisse nicht vor Beginn des nächsten Jahres vorliegen, soll klären, ob und wie die Skater in den Straßenverkehr integriert werden können. Im Ministerium werden vor allem Sicherheits- und haftungsrechtliche Probleme gesehen. Entscheidungen seien frühestens nach Auswertung der Studie im nächsten Sommer zu erwarten, so der Sprecher. „Wenn neue Probleme auftauchen, kann das länger dauern.“

Dem Grünen-Verkehrsexperten Michael Cramer geht das nicht schnell genug. Cramer will die Skater verkehrsrechtlich den Fahradfahrern gleichstellen; diese benötigen keine Haftpflichtversicherung. Dass Skaten zu gefährlich sei – dieses Argument lässt Cramer nicht gelten: „Auf dem Ku’damm Fahrrad zu fahren, ist auch gefährlich.“ Entscheidend sei die Sichtbeziehung zwischen den Verkehrsteilnehmern. Problematisch sei jedoch, dass manche Skater ihre Rollen nicht unter Kontrolle hätten. Allerdings könnten die Kinder heute eher skaten als Fahrrad fahren.

Blade-Night-Organisator Jan Philipp Sexauer schlägt einen Modellversuch vor. Sogar die CDU habe sich für Skate-Versuche in Tempo-30-Zonen stark gemacht. Nach Sexauers Ansicht gehören Skater sonntags auf alle Straßen. Dann würde weder der Berufs- noch der Geschäftsverkehr beeinträchtigt.

Roland Schurig, Referatsleiter für Straßenverkehr in der Berliner Verkehrsverwaltung, reagiert skeptisch. Auch die Experimentierklausel der StVO lasse einen solchen Versuch nicht zu, „weil wir die Verkehrsteilnehmer nicht von ihrer bindenden Verhaltenspflicht befreien können“. Im Klartext: Skater gehören auf den Gehweg. Auf der Straße sei es zu gefährlich, da Skates zu schwache Bremsen hätten, nicht beleuchtet seien und die Zickzack-Fahrbewegungen für andere schwer einschätzbar seien. Zudem sei Skaten nur zu 10 Prozent ein Mittel zur Fortbewegung und zu 90 Prozent eine Freizeitaktivität. Letzerem Aspekt will die Verkehrsverwaltung Rechnung tragen. Die John-Foster-Dulles-Allee in Tiergarten wird an mehreren Wochenenden im Sommer für Skater freigegeben. RICHARD ROTHER

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