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Mugabes Gegner machen mobil

Im Juni wird in Simbabwe ein neues Parlament gewählt. Die breit gefächerte oppositionelle „Bewegung für demokratischen Wandel“ eint der Verdruss mit dem Regime Mugabes. Binnen kurzem hat sie sich landesweit organisiert

aus Harare KORDULA DOERFLER

Eddison Zvogbo hat es schwer. Nicht nur versagt seine Stimme fast, weil er schon seit 21 Tagen ununterbrochen Wahlkampf macht. Der Minister ohne Portefeuille im Kabinett von Robert Mugabe schafft es auch sonst kaum, sich gegen seine Zuhörer Gehör zu verschaffen. Der Saal im Monomopata-Hotel, einem der großen Hotels von Simbabwes Hauptstadt Harare, kocht. Ungeduldig wird Zvogbo immer wieder ausgebuht. Mindestens 1.000 Zuhörer stehen selbst noch die Treppe hinunter. Die Mehrzahl von ihnen sind Männer, junge, gut gekleidete Großstädter. In Simbabwe wird am 24. und 25. Juni ein neues Parlament gewählt.

„Wir haben genug von euch“, murmelt Richard Makotsi. „Ihr ruiniert unsere ganze Zukunft.“ Auch Makotsi ist jung, gut ausgebildet – und ohne Arbeit. Seitdem auf Simbabwes Farmen der gewalttätige Mob aus sogenannten Kriegsveteranen Einzug gehalten hat, bleiben seine Kunden weg: ausländische Touristen. Makotsi, der als Fahrer in einem Reisebüro arbeitet, verdient seit Anfang März nichts mehr. Durchschnittlich 90 Prozent aller Touren durch Simbabwe wurden storniert, auf Monate hinaus.

Oben auf dem Podium wirft Zvobgo der Opposition vor, für die Gewalt verantwortlich zu sein. Eigentlich sollte er über Pressefreiheit sprechen, an diesem Tag der Internationalen Pressefreiheit. Da es um die nicht mehr gut bestellt ist, macht er lieber Wahlkampf. Das Publikum dankt es ihm mit Johlen und Pfeifen.

Der abwesende Star des Abends hat die Sympathien auf seiner Seite. Morgan Tsvangirai macht Wahlkampf in der Provinz. Statt seiner tritt einer seiner smarten jungen Sprecher, Learnmore Jongwe, auf. Den jungen Männern im Saal spricht er aus der Seele. Eine Veranstaltung wie diese wäre vor zwei Jahren noch undenkbar gewesen. Trotz der massiven Einschüchterungskampagne der Regierung: Simbabwe ist eine Gesellschaft im Wandel.

Innerhalb weniger Monate hat die neu gegründete „Bewegung für demokratischen Wandel“ (MDC) es geschafft, sich zu organisieren und landesweit Büros aufzubauen. Ihr Hauptquartier liegt in einer kleinen Villa am Rand der Innenstadt. Seitdem MDC-Anhänger um ihr Leben fürchten müssen, bleiben die schweren eisernen Tore geschlossen. Stark ist die neue Partei vor allem in den großen Städten, in der Arbeiterschaft. Fast 10 Jahre lang war Tsvangirai Vorsitzender des einflussreichen Gewerkschaftsverbandes ZCTU. Angesichts einer Arbeitslosenquote von mehr als 50 Prozent, einer galoppierenden Inflation und beständiger Abwertung der Währung kann er in den Arbeitervierteln auf Unterstützung bauen.

Doch die MDC ist mehr, tatsächlich derzeit noch ein Bündnis aus verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen, die vor allem eines eint: der Verdruss mit dem Regime Mugabes. Dazu gehören sowohl die Nationale Verfassungsgebende Versammlung (NCA) wie auch große Teile der Geschäftswelt, Intellektuelle und Arbeiter, schwarze Farmarbeiter und weiße Großfarmer. Das ist auch der Person Tsvangirais geschuldet, der es versteht, unterschiedlichste Menschen und Gruppen auf seine Seite zu ziehen. Er selbst ist ein guter Redner und zugleich ein hervorragender Taktiker. Mehrmals in den vergangenen Jahren hat er Mugabe mit Generalstreiks das Fürchten gelehrt, ohne jemals bis zum Äußersten zu gehen.

Anders als Mugabe und die verkrustete Politikerkaste, die in der Zanu das Sagen hat, ist Tsvangirai fast 30 Jahre jünger und steht damit auch für den längst überfälligen Generationswechsel in Simbabwe. Seinen Anhängern ist der Befreiungskampf herzlich egal, den Mugabe stets beschwört. Und anders als Mugabe umgibt er sich mit kompetenten Beratern aus allen Teilen der Gesellschaft. Generalsekretär der Partei ist der angesehene Juraprofessor Welshman Ncube, Tsvangirais Wirtschaftsberater Eddie Cross ist ein weißer Geschäftsmann, den bekannten Menschenrechtsanwalt David Colthart aus dem Matabeleland hat er zu seinem Rechtsberater gemacht, der (noch nicht offizielle) Kandidat für Harare ist der streitbare Katholik Mike Auret, jahrelang Leiter der Menschenrechtsorganisation „Katholische Kommission für Gerechtigkeit und Frieden“.

Tsvangirais Programm setzt vor allem auf wirtschaftliche Reformen, um die immer größer werdende Armut zu bekämpfen, und auf die Sanierung des maroden Staatshaushalts. Sein wichtigstes Argument ist dabei die schwere wirtschaftliche Krise, die die Zanu zum größten Teil zu verantworten hat. Zugleich verspricht er im Fall eines Wahlsieges, sofort die Truppen aus dem Kongo zurückzuholen.

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