: Landpartie zum Autokino
■ Gänsehaut und Langeweile: Lambchop und Yo la Tengo haben in Nashville Soundtracks zu abgespielten Filmen aufgenommen
Ganz schön seltsam, diese Lambchop aus Nashville. Da lieferten sie 1998 auf What Another Man Spills ein okayes Remake des Curtis Mayfield-Klassikers „Gimme Your Love“ ab, spielten zudem noch Frederick Knights “I've Been Lonely For So Long“ ein und frönen seitdem einer Musik, die von Fans als „gelungene Hochzeit zwischen Soul und Country“ bezeichnet wird. Doch ist das wirklich gelungen, wenn die Soul-Zutaten (Kopfstimme plus funky Musik) einen Soul ergibt, bei dem Seele und Besessenheit fehlt?
Mastermind und Sänger Kurt Wagner, der normalerweise singt wie eine Mischung aus Stuart Staples von den Tindersticks und dem Ferrari-Fan Chris Rea, scheint sich ein wenig in seiner Mayfield-Passion verloren zu haben. Und die Musik, die er mit seinen 12 Mitstreitern für das neue Album Nixon fabriziert hat, klingt merkwürdig verhuscht und unausgegoren wie Film-Musik zu längst kaputten Filmen, die zu lange in einem hinterwäldlerischen Autokino gelaufen sind. Und das, obwohl Lambchop mit diesem Album den Schulterschluss zu zeitgenössischen Musikproduktionen suchen wollten. Daher wahrscheinlich auch der vehemente Einsatz der Streicher der „Nashville String Machine“, die Nixon vergolden sollten. Bleibt abzuwarten, wie das live ankommt und ob nochmal so eine großartige Atmosphäre wie vor Jahren in der Fabrik entsteht, als Kurt Wagner noch nicht versuchte, Curtis Mayfield zu imitieren.
Ähnlich filmmusikalisch wie Lambchop klingen inzwischen auch Yo la Tengo, die ihr neues Werk And Then Nothing Turned Itself Inside-out ebenfalls in Nashville aufgenommen haben. Sie schafften es größtenteils sogar, ihre Musik so klingen zu lassen, wie der Titel schon vermuten lässt. Ihre Melange aus sphärischen Gitarrenklängen, (mal wieder) Velvet Underground-Schleifenspielen, ein mit Besen gestreicheltes Schlagzeug und hauchiger Gesang hinterlassen beim Hörer im besten Falle einen Zentimeter Gänsehaut, im schlechtesten Langeweile.
Natürlich nicht die ganze Zeit, denn die Stücke, die Schlagzeugerin Georgia Hubley singt, entdecken das bisschen Glamour wieder, das Yo la Tengo immer schon hatten. Ein Lied heißt sogar „Last Days Of Disco“, klingt aber tatsächlich wie eine alte, zu langsam abgespielte und leierige Giant Sand-Platte. Live sind Yo la Tengo ja bekanntlich wesentlich lärmiger. Und das ist auch gut so.
Barbara Schulz
Do, 18. Mai, 21 Uhr, Fabrik
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