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schnittplatz Demut ausder Chefetage

Wenn zur ZDF-Hauskonferenz „Mainzer Tage der Fernsehkritik“ ein amtierender Bundesminister anreist, ist das ein Fall für den Chefredakteur. Und weil Nikolaus Brender diese Position erst Anfang April von Klaus Bresser übernommen hat, gab es zum ernsten Thema („Krieg mit Bildern – Wie Fernsehen Wirklichkeit konstruiert“) so etwas wie eine kleine Premiere.

Es ging um den Krieg im Kosovo, das Massaker von Racak und die Bilder, mit denen Scharping damals Stimmung machte – vor allem die, die sich nachträglich als längst veröffentlichte Agenturfotos entpuppten.

Doch solche Einwürfe gegen den überaus kontrolliert wirkenden Scharping, der kühn und manchmal viel zu laut seine Emotionalität abzuarbeiten suchte und sich ansonsten nichts vorzuwerfen hatte, kamen aus dem Saalpublikum, nicht etwa vom obersten Journalisten des ZDF.

Brender wirkte ähnlich präzise vorbereitet wie ntv-Entlarver Erich Böhme beim längst vergessenen Haider-„Talk in Berlin“ im Januar, fragte schwammig und mied jedes Nachfassen. Scharping („Ich lasse mir mein Recht auf Empörung über das, was im Kosovo passiert ist, nicht nehmen.“) hingegen drückte sich so auch gekonnt um die einzig spannende Beobachtung Brenders herum: die nämlich, dass die Aufritte des Verteidigungsministers während des Kriege deutlich knapper, aber immer emotionaler wurden.

Brender, altgedienter „Tagesthemen“-Kommentator und „Weltspiegel“-Moderator, war damals Fernsehchef beim WDR in Köln und hat vielleicht deshalb das Geschehen nicht ganz so präsent. Eines allerdings beherrscht er in alter ZDF-Tradition: die demütige Befragung der hohen Politik. STG

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