Kabila auf Tuchfühlung mit dem Erzfeind

Zum ersten Mal seit Beginn des Kongokrieges reiste ein kongolesischer Minister ins verfeindete Ruanda

BERLIN taz ■ Die schwindende Aussicht auf eine rasche Stationierung von UN-Friedenstruppen in der Demokratischen Republik Kongo hat auf die Kriegsparteien einen paradoxen Effekt: Sie bemühen sich auf bilateraler Ebene um Frieden. So hat Kongos bedrängter Präsident Laurent-Désiré Kabila vor wenigen Tagen überraschend seinen Justizminister Mwenze Kongolo in geheimer Mission zum wichtigsten Kriegsgegner Ruanda geschickt.

Kongolo ist der einzige noch amtierende hochrangige Politiker in Kongos Regierung, der schon einmal mit Ruanda befreundet war. Er stand 1996/97 bereits an Kabilas Seite, als dieser mit aktiver Hilfe aus Ruanda gegen den damaligen zairischen Diktator Mobutu kämpfte. Nach seinem Sieg hatte Kabila mit Ruanda gebrochen, das daher seit zwei Jahren im Kongo neue Rebellenbewegungen unterstützt.

Wie die taz aus ruandischen Regierungskreisen erfuhr, ging es bei Kongolos Besuch um die Zukunft der ruandischen Hutu-Milizen im Kongo. Die so genannten „Interahamwe“ kämpfen hinter den Linien der von Ruanda unterstützten kongolesischen Rebellen gegen die Truppen Ruandas und machen inzwischen einen der wichtigsten Bestandteile von Kabilas Armee aus. Ihre Stärke wird auf etwa 20.000 Mann geschätzt. Geführt werden sie von ehemaligen Militärs, die 1994 in Ruanda den Völkermord an den Tutsi verübten. Ruandas Regierung hat ihr militärisches Eingreifen im Kongo immer mit der Notwendigkeit begründet, die Interahamwe von Ruanda fernzuhalten, damit sie dort nicht den Völkermord fortsetzen.

In Ruanda wird vermutet, dass Kabila sich jetzt von den Hutu-Milizen lösen will. Sie sind nicht an Frieden interessiert, sondern am Krieg gegen Ruanda. Kabila hingegen muss bei einer Fortdauer des Krieges mit dem Schlimmsten rechnen. Seine Armee hat in den letzten Monaten erhebliche Niederlagen erlitten.

Während Ruandas Regierung bereit ist, ruandische Hutu-Milizionäre aus dem Kongo auf individueller Basis zurückzunehmen und einer Strafverfolgung zuzuführen, lehnt sie eine kollektive Regelung darüber ab und will auch mit Kabila keine separate Vereinbarung treffen.

Ruandas Premier Bernard Makuza sagte der taz, alle Schritte zur Beendigung des Kongokrieges müssten im Rahmen des geltenden UN-Friedensprozesses stattfinden. Die geplante UN-Blauhelmtruppe sei „unersetzlich“ und müsse im Lichte der jüngsten Ereignisse in Sierra Leone stärker sein als bisher vorgesehen. DOMINIC JOHNSON