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Familien in der Krise

Vor allem Sat.1 braucht jetzt den Senderverbund, doch Juniorpartner Springer blockiert weiter beharrlich die hehren Pläne der Kirch-Gruppe

von STEFFEN GRIMBERG

„Sat.1 steigert Jahresergebnis um 145 Prozent“, jubelte vergangene Woche die Pressemitteilung des „Privatsenders mit Leidenschaft“. Kolossal. Der deutsche Fernsehmarkt brummt offensichtlich, alle scheffeln die Millionen – und dem Zuschauer bleibt nur die bange Frage, warum dann nicht ein bisschen mehr Geld ins Programm gesteckt wird?

Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Gewinnexplosion als Augenwischerei: Ganze 51 Millionen Mark sind Sat.1 für 1999 geblieben, nur dass im Vorjahr die Summe mit 21 Millionen Märkern noch mauer ausfiel, machte das Rechenspielchen möglich. Zum Vergleich: Marktführer RTL verbuchte für 1999 immerhin 368 Millonen Mark Gewinn.

Auch das ist nicht wirklich viel: Mit privatem Fernsehen wird in Deutschland kaum Geld verdient. Zwar haben die meisten Sender mittlerweile die Gewinnzone erreicht, doch fast alle schleppennoch beeindruckende Anlaufverluste mit: Sat.1 hat zum Beispiel seit Sendestart 1985 mehr als eine Milliarde Mark gekostet – beim gegenwärtigen Jahresgewinn würde es demnach bis 2020 dauern, bis die Einnahmen die Investitionen wettmachen. Von den Vollprogrammen haben nur RTL und Pro 7 die Anlaufverluste schon wieder eingespielt und spülen tatsächlich Gewinne in die Kassen ihrer Hauptgesellschafter, der MedienkonzerneBertelsmann bzw. Kirch.

Sat.1 dagegen gehört dagegen gleich zwei großen deutschen Medienkonzernen, wieder einmal der Kirch-Gruppe und dem Axel Springer Verlag.

Auf Kuschelkurs mit Kohl

Das machte die Ausrichtung des Senders von Anfang an zum Problem, und bis heute gelingt es dem Mutterhaus der Bild-Zeitung, Sat.1 vor allem in Sachen Nachrichten und Information immer mal wieder vorzuführen: vom Kohl-hörigen Kuschelkurs Anfang der 90er Jahre bis zur jüngst eingestellten Magazinkatastrophe „Newsmaker“, die auf Druck der Springer-Manager ins Sat.1-Programm gehievt wurde.

Und Springer garantiert auch weiterhin Kopfzerbrechen im Hause Kirch: Um die großen Programmreserven des Filmhändlers optimal einzusetzen und die Kosten zu minimieren, möchte Kirch-Kronprinz Dieter Hahn lieber heute als morgen den Schulterschluss aller Programme des Konzern vorantreiben: Die Senderfamilie muss her, vor allem für Sat.1. Denn anders als Pro 7, das Filme und Serien immer noch einmal als Zweiverwertung hauseigen bei Kabel 1 versenden kann, fehlt Sat.1 eine zusätzliche Abspielstation: Sat.2 gibt es nicht.

Zwar läuft die Kirch-Gruppe hier auch nur wieder dem Marktführer RTL hinterher, der längst erfolgreich eine Senderfamilie aus RTL, RTL 2 und dem „Kinderkanal“ Super-RTL geschmiedet hat und jetzt höchstens nicht so recht weiß, wie er die „Tante“ Vox in diesen Kreis integrieren soll.

Doch schwerer wiegt, dass man am Kirch-Stammsitz in Ismaning bei München die Rechnung ohne die Nordlichter aus Hamburg gemacht hatte: Diese betätigen sich gerade mal wieder als Bremser in Sachen Familienplanung, und das aus – aus ihrer Sicht – gutem Grund: 41 Prozent hält Springer an Sat.1. Ginge der Sender mit Pro 7, Kabel 1, dem Deutschen Sportfernsehen, dem eben gestarteten Nachrichtenkanal N 24 und am Ende noch den Kirch-eigenen TV-Regionalsendern in Berlin, Hamburg, München und demnächst NRW in einem Gemeinschaftsunternehmen auf, würde sich die Beteiligung Spingers deutlich reduzieren. Die Möglichkeit, wie bisher bei Sat.1 Einfluss auf die künftige Senderfamilienpolitik zu nehmen, wäre gering, Springers Status der eines entfernten Onkels.

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