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Besser einen Job in der Stadt suchen

■ Immer weniger Bauern in einer fruchtbaren Agrarregion

Schleswig-Holstein ist nach Ansicht des Landwirtschaftsberaters Sönke Huesmann eine der fruchtbarsten Agrarregionen in der Welt. „Weltweit gibt es kaum anderswo so gute Bedingungen. Wir haben ein ausgewogenes Klima und sehr gute Böden. Und beides sind Grundlagen für hohe Naturalerträge“, sagt der Diplom-Agraringenieur vom Beratungsring landwirtschaftliche Betriebe e.V. in einem dpa-Gespräch. Trotz der optimalen Umweltbedingungen werde aber auch in Schleswig-Holstein der landwirtschaftliche Strukturwandel – 1999 mussten 580 der insgesamt rund 20.000 Betriebe aufgeben – weitergehen. „Dass die Bauern weniger werden, wird sich nicht aufhalten lassen“, stellt Huesmann fest.

Die seit Anfang des Jahres in Kraft getretene Agrarreform Agenda 2000 – Herzstück sind Kürzungen der Garantiepreise für Milch, Getreide und Fleisch – habe zu dieser Entwicklung beigetragen, sei aber nicht die alleinige Ursache. Durch technischen und agrarwissenschaftlichen Fortschritt seien nicht nur die Erträge pro Hektar in den vergangenen 50 Jahren von 50 auf 90 Doppelzentner Getreide gestiegen, sondern auch die Preise gesunken. „Die Einkommen der Bauern sind geringer geworden, doch eben nicht nur auf Grund der Agenda 2000“, sagt Huesmann, der selbst noch einen Bauernhof in der Nähe von Lütjenburg bewirtschaft.

Im Beratungsring landwirtschaftliche Betriebe betreuen zurzeit fünf Berater rund 150 Bauern mit Betriebsgrößen von 150 bis 1000 Hektar. Anhand von 100 betriebswirtschaftlichen Kennzahlen werden die Höfe zunächst analysiert, bevor einmal im Jahr alle Fakten auf den Tisch kommen. Auf einer Versammlung mit allen im Ring organisierten Betrieben wird im offenen Zahlenvergleich über positive und negative ökonomische Entwicklungen diskutiert. „Jeder hat Einsicht in die Zahlen der anderen“, sagt Huesmann, „und das bringt eine hohe Motivation für Veränderungen.“

Beratung sei andererseits auch kein Allheilmittel. „Wenn man jahrelang in der Beratung ist, und im Schnitt sind unsere Mitglieder 20 Jahre dabei, kann man kleine Schritte nach vorn machen“, berichtet er. Wichtig sei jedoch, dass die Leute Spaß an der Landwirtschaft haben. „Wenn man nicht passioniert ist, ist es das Beste, man gibt seinen Hof in eine Kooperation und sucht sich einen Job in der Stadt.“ dpa

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