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Geiselnahme in Sierra Leone beendet

Alle 500 Blauhelmsoldaten der UNO sind wieder frei. Rebellenführer Sankoh darf vermutlich ausreisen

FREETOWN afp ■ Nach dem Ende der Geiselnahme von 500 Blauhelmsoldaten will sich die UNO nun auf die Umsetzung des Friedensabkommens für Sierra Leone konzentrieren. Mitglieder der „friedenserhaltenden“ UN-Mission sprachen allerdings gestern von einem Dilemma. Um den Frieden zu erhalten, bedürfe es eines Waffenstillstands. Gegen das im Juli 1999 unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung des westafrikanischen Bürgerkriegslands und den Rebellen der Vereinigten Revolutionären Front (RUF) werde aber fortwährend verstoßen. Die Staats- und Regierungschefs der Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (Ecowas) beschlossen derweil in Nigerias Hauptstadt Abuja, 3.000 größtenteils nigerianische Soldaten zur Verstärkung der UN-Truppen nach Sierra Leone zu entsenden.

Nach Ecowas-Angaben soll der in Sierra Leones Hauptstadt Freetown inhaftierte Rebellenchef Foday Sankoh aus Sicherheitsgründen „wahrscheinlich“ außerhalb des Landes gebracht werden. Dies bedeute aber nicht, dass die Ecowas Massaker und Verstümmelungen seitens der RUF-Kämpfer billige. Die mit Zustimmung des Präsidenten von Sierra Leone, Ahmad Tejan Kabbah, getroffene Entscheidung schließe auch nicht aus, dass sich Sankoh später vor der Justiz verantworten müsse.

UN-Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich zufrieden über das glückliche Ende der größten Geiselnahme in der Geschichte der Vereinten Nationen. Annan sei erfreut über die Nachricht aus Liberia, dass offenbar alle Soldaten wieder auf freiem Fuß seien, sagte UN-Sprecher Fred Eckhard in New York. Der Generalsekretär sei den westafrikanischen Politikern und vor allem Liberias Präsident Charles Taylor dankbar für ihre Bemühungen. Die RUF-Rebellen hatten die zum größten Teil sambischen UN-Soldaten Anfang Mai als Geiseln genommen. Die letzten von ihnen kamen am Wochenende frei.

Ob die Rebellen im Gegenzug für die Freilassung der UN-Soldaten Forderungen stellten, stand zunächst nicht fest. Taylor, ein langjähriger Verbündeter von Sankoh, hatte stets betont, dass die Freilassung bedingungslos erfolgen müsse. Zugleich wies er darauf hin, dass Sankoh weiterhin ein „ernst zu nehmender Faktor“ sei. Die Ecowas-Entscheidung zu Sankohs Schutz könnte bedeuten, dass Taylors Schützling um den ihm drohenden Hochverratsprozess herumkommt und damit auch nicht mehr mit der Todesstrafe zu rechnen hat.

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