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Dunkle Wolken über Solargesetz

Mit Unterstützung der Europäischen Kommission will der Verband der Stromkonzerne die Förderung sauberer Energie hintertreiben. Brüssel prüft bereits wegen illegaler Subventionierung. Banken sperren deshalb Kredite, sagt die Ökolobby

von HANNES KOCH

Die Energiekonzerne mauern nicht nur beim Atomausstieg. Sie versuchen auch, das erfolgreichste Projekt der rot-grünen Energiepolitik zu kippen: das Gesetz zur Förderung der erneuerbaren Energie (EEG). Auf Initiative der Vereinigung deutscher Elektrizitätswerke (VdEW) prüft die Europäische Komission, ob die Festpreise für Strom aus Solar- und Windkraftwerken illegale Subventionen darstellen. Vor diesem Hintergrund bedrohen die großen Energieunternehmen die Hersteller sauberer Energie mit hohen finanziellen Rückforderungen – was die Ökobranche in Unruhe versetzt.

Nach dem Bundestagsbeschluss mit den Stimmen von SPD und Grünen ist das EEG seit dem 1. April 2000 in Kraft: Produzenten von Windstrom bekommen seitdem 17,8 Pfennige pro Kilowattstunde, Besitzer von Solaranlagen 99 Pfennig. Das Geld, das die neuen Energien konkurrenzfähig machen soll, müssen unter anderem die Energiekonzerne wie RWE, PreussenElektra und Bayernwerk zahlen. Sie können es sich aber per Umlage von allen VerbraucherInnen zurückholen. Trotzdem ist die Regelung den Konzernen ein Dorn im Auge, denn sie fördert Solar- und Windstrom zu Lasten konventioneller Energien wie Kohle und Atom.

Drei Tage vor dem Inkrafttreten des Gesetzes schrieb deshalb der Hauptgeschäftsführer des VdEW, Eberhard Meller, an die Wettbewerbsdirektion der Europäischen Kommission. In dem Brief, der der taz vorliegt, beschwerte sich der Lobbyverband der Stromkonzerne, dass es sich bei der Solarförderung möglicherweise um eine ungerechtfertigte Beihilfe handele. Schon zehn Tage später ging beim Bundesfinanzministerium ein Brief von EU-Generaldirektor Alexander Schaub ein, in dem dieser die Einspeisevergütung für umweltfreundlichen Strom als „nicht notifizierte Beihilfe“ einstuft. Wenn auch die eingehende Prüfung zu diesem Ergebnis käme, erklärt Staub, müssten die Ökostrom-Hersteller die Förderung eventuell zurückzahlen.

Der EU-Beamte habe sich „auf untertänigste Weise zum Komplizen der Atomlobby gemacht“, schäumt nun Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie. Das Prüfverfahren der Europäischen Kommission habe unangenehme Auswirkungen: Angesichts der rechtlichen Unsicherheit würden teilweise Banken Kredite verweigern, die die Ökostrom-Produzenten zum Bau von Anlagen benötigten.

Auch Hermann Scheer, solarfreundlicher Bundestagsabgeordneter der SPD, meint, die Kommission sei auf dem falschen Dampfer. Die Förderung stelle keine ungerechtfertigte staatliche Beihilfe dar, denn sie werde nicht vom Staat gezahlt. Außerdem bewege sich die Unterstützung der Ökoenergie durchaus im politischen Rahmen, den die EU inzwischen vorgegeben habe. Scheer will nun an die Bundesregierung schreiben, um sie zu einer eindeutigen Stellungnahme gegenüber der Kommission in Brüssel zu bewegen.

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