: Riester-Rente reif
Das rot-grüne Konzept sieht Ausgleichsfaktor vor, der die gesetzliche Rentenkasse schrittweise entlastet und die private Vorsorge fördert
BENSHEIM/BERLIN dpa/ap ■ Die rot-grüne Koalition will die Rentenformel ändern und die gesetzliche Rente späterer Generationen kürzen. Zwar sollen die Renten im Grundsatz wieder wie die Nettolöhne steigen. Doch soll der geplante Ausbau der Privatvorsorge zu wachsenden Abschlägen bei der gesetzlichen Rente führen. Ein so genannter Ausgleichsfaktor soll die nettolohnbezogene Rente schrittweise absenken. Damit wolle Rot-Grün den Anreiz für private Vorsorge schaffen, sagte Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) gestern am Ende der zweitägigen Klausurtagung der Rentenexperten von SPD und Grünen. Mit den „Schönberger Beschlüssen“ will die Koalition in die Rentenkonsensgespräche mit der Union gehen.
Offenbar will Rot-Grün nun doch indirekt einen Demographiefaktor einführen. Der geplante Ausbau der Privatvorsorge soll für künftige Rentnergenerationen zu wachsenden Abschlägen von der gesetzlichen Rente führen. Dieser Abschlag soll den Angaben zufolge stetig steigen und ab 2050 voll wirksam sein, weil dann Arbeitnehmer in Rente gingen, die ihr ganzes Berufsleben über eine private Rente aufbauen konnten, heißt es in den „Schönberger Beschlüssen“. Einer Beispielrechnung zufolge, in der die Rente 2005 bei 2.397 Mark liegt, beträgt der Abschlag von der gesetzlichen Rente 2005 zehn Mark, 2020 rund 172 Mark und 2050 dann 1.642 Mark. Dieses Minus soll ausgeglichen werden durch ein Plus, das sich durch private Altersvorsorge ergibt. Nach der Modellrechnung beträgt der Erlös 2020 aus der Privatvorsorge 344 Mark, 2050 seien es 3.285 Mark. Zusammen mit der privaten Vorsorge soll das Rentenniveau bis 2050 auf 82,48 Prozent steigen.
Die Koalition will die private Altersvorsorge bei Einkommensschwachen mit staatlichen Beihilfen fördern. Danach sollen Arbeiter und Angestellte die Hälfte ihrer privaten Aufwendungen ersetzt bekommen. Die Förderung soll Ledigen mit einem Einkommen unter 35.000 Mark jährlich und Verheirateten mit einem Steuerbrutto unter 70.000 Mark zugute kommen. Maximal soll die Zulage 400 Mark betragen. Die Förderung könnte bereits 2001 beginnen, sagte Riester, sie soll aber erst 2008 den vollen Umfang erreichen.
Der Vizevorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Horst Seehofer, nannte den Vorschlag eine herbe Enttäuschung. Er kritisierte, dass der Beitrag in die gesetzliche Rentenversicherung langfristig auf 22 Prozent steige und vier Prozent des Bruttolohns in die private Vorsorge gehen sollten. Das bedeute einen drastischen Anstieg der Belastungen künftiger Generationen. Seehofer forderte, dass die private Vorsorge zumindest völlig steuerfrei sein müsse.
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