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Die Alten haben ihren Spaß

Während Thomas Haas die French Open vorzeitig beendet und einsilbig antwortet, ist Andrej Medwedew noch im Rennen und verulkt schon mal seinen Achtelfinalgegner Magnus Norman

aus Paris KARL-WILHELM GÖTTE

Sehr gesprächig war Thomas Haas nach seiner Dreisatz-Niederlage gegen den Russen Marat Safin bei den French Open nicht. Was er zu ändern gedenke, wurde er gefragt. „Werden wir sehen“, war seine Antwort. Mit wem er was ändern werde? „Werden wir auch sehen.“ Ob ein neuer Mann als Trainer kommt? „Schau’n wir mal“, kam es griesgrämig zurück. Er sei zufrieden, überhaupt die dritte Runde erreicht zu haben. Und er habe wieder etwas gelernt auf Sand: Zu viele Turniere, jede Woche eins, habe er wohl gespielt.

Vor drei Jahren hatte der gebürtige Hamburger, der seit 1989 in der US-Tennisfabrik von Nick Bollettieri für den ganz großen Erfolg gedrillt wurde, laut vernehmbar erklärt, er wolle einmal ein Grand-Slam-Turnier gewinnen – und das möglichst bald. Davon ist der 22-Jährige offenbar weiter denn je entfernt – ebenso von einer umgänglichen Art beim Bedienen von professionellen Fragern. Wenigstens ist die deutsche Männerbilanz genauso gut oder so schlecht wie die amerikanische. Denn auch kein einziger US-Amerikaner hat in diesem Jahr die Runde der besten 16 erreicht.

Pressekonferenzen mit Andrej Medwedew sind dagegen immer eine unterhaltsame Abwechslung. „Ich gebe euch mal einige Magnus-Norman-typische Antworten: Nur Tennisfragen sind erlaubt. Mein Spiel war sehr gut, meine Vorhand war gut, meine Rückhand war gut ...“, beginnt der Vorjahresfinalist ungefragt seinen Auftritt und kringelt sich selbst vor Lachen. Magnus Norman ist übrigens sein nächster Gegner, im Achtelfinale.

Der Schwede ist der momentan führende Profi im ATP-Champions-Race, aber in Paris hinter Agassi und Sampras nur an Position drei gesetzt. „Für mich ist Andre Agassi weiterhin die Nummer eins, und die meisten anderen Spieler denken das auch“, sagt Medwedew und meint, dass das neue System nicht passe, „weil Tennis einfach nicht mit der Formel-1 zu vergleichen ist“. Die Spieler würden weiterhin vor allem auf die alte 52-Wochen-Liste schauen, die von der ATP parallel geführt wird, weil man nur nach dieser in die Turniere hereinkommt und gesetzt wird. Die Schwäche des neuen „Race“ zeigte sich vor allem zu Jahresanfang, als der Deutsche Rainer Schüttler Zweiter, jedoch für die Australian Open nicht qualifiziert war.

Zwei parallel geführte Weltranglisten – wie lange wird das gut gehen? „Er hat die Jugend und die Kondition auf seiner Seite, ich die Erfahrung“, ist der nächste Gag von Andrej Medwedew nach seinem Sieg über den Qualifikanten Augustín Calleri aus Argentinien. Calleri ist 23, der Ukrainer gerade einmal zwei Jahre älter. Medwedew ist jedoch bereits das zehnte Jahr auf der Profitour und fühlt sich offenbar nicht nur seiner wenigen Haare wegen bereits als Tennis-Opa.

Immerhin steht er wieder im Achtelfinale von Paris. Aus dem Vorjahr waren mit ihm nur noch Marat Safin, Alex Corretja und Gustavo Kuerten weiterhin im Titelrennen. Ein eindeutiger Favorit hat sich noch nicht zu erkennen gegeben. Die Drohung von Jewgeni Kafelnikow, dass, wenn er in die zweite Woche von Paris kommt, er für jeden Gegner eine hohe Hürde sein wird, kontert Medwedew so: „Ich weiß nicht, was er will. Nach einer ersten kommt immer eine zweite Woche.“

Bei den Frauen dagegen deutet alles auf einen Triumph von Martina Hingis hin. Die Schweizerin, Finalistin von 1997 und 1999, will endlich mit einem Sieg in Paris ihre Grand-Slam-Sammlung komplettieren und gewann gestern gegen Ruxandra Dragomir aus Rumänien mit 6:3, 0:6, 6:1. Die Frauenkonkurrenz wird ohnehin vom Doppelauftritt der Martina Navratilova überlagert, die zusammen mit der Südafrikanerin Mariaan de Swardt den Jungen glatt die Schau stiehlt. „Ich habe einfach Spaß, dabei zu sein. Zeit habe ich auch, denn ich muss auf keine Kinder aufpassen“, lacht sie. Eine Dauerbeschäftigung soll es für die 43-Jährige aber offenbar nicht werden, und ein Comeback im Einzel schließt sie vollkommen aus. Der letzte Start ist für Wimbledon vorgesehen. „Ich hatte einfach Lust, vier Wochen zu trainieren und Doppel zu spielen. Ansonsten möchte ich noch andere Dinge erleben“, sagt Martina Navratilova. Sie hat ihre Leidenschaft für Tiere entdeckt. Mehrere Monate im Jahr verbringt sie in Kenia und studiert Großwild.

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