: Sicher kein Luther
Der katholische Priester Hermann Münzel hat mit Geistlichen anderer Konfessionen das Abendmahl gefeiert – prompt wurde er suspendiert
Die Strafe kam schnell und ist hart: Der Trierer Bischof Hermann Josef Spital hat seinen Priester Hermann Münzel bis auf Widerruf suspendiert. Denn der 65-jährige Gottesmann aus der Stadt des Bischofs hatte am vergangenen Freitag beim Katholikentag mit drei Geistlichen anderer Konfessionen eine „ökumenische Mahlfeier“ begangen – also Brot und Wein gesegnet, wie es ihr gemeinsamer Herr Jesus Christus ihnen aufgetragen hatte. Zugleich hatte er damit aber auch gegen ein klares Verbot der katholischen Kirche verstoßen.
Die Suspendierung hatte Münzel dennoch nicht erwartet, und auch aus der Bistumsleitung hatte es davor noch geheißen, man sei mit solchen Schritten „äußerst sparsam“. Warum diese harsche Reaktion? Wahrscheinlich deshalb, weil das Abendmahl, auf katholisch: die Eucharistie, zum Innersten der Konfessionen gehört. Die Frage, was da nun eigentlich mit Brot und Wein passiert, ist schon seit dem 16. Jahrhundert umstritten und sorgte selbst unter den Reformatoren Luther und Zwingli für Streit. So konnten sich die protestantischen Kirchen erst vor wenigen Jahrzehnten auf die Abendmahlgemeinschaft einigen. Im Gegensatz zu den Protestanten, die den Gemeinschaftscharakter hervorheben, glaubt die katholische Kirche, dass während des Abendmahls eben doch Brot und Wein in irgendeiner Art zu Leib und Blut Christi werden. Und im Hintergrund steht auch die Frage, wo die Macht in der Kirche bleibt, wenn die ureigene Kompetenz des katholischen Priesters auch von anderen wahrgenommen wird.
Hermann Münzel wusste all dies. Er will kein Luther sein. Aber er handelte aus Prinzip: Ihm ging es nicht um die Demonstration, betont er. Das gewaltige Medienecho war ihm eher peinlich, da es einem Gottesdienst nicht angemessen gewesen sei. Er habe bloß das öffentlich gemacht, was seit Jahren in kleineren Kreisen dauernd passiere – und nicht einmal in seinem Hunsrück-Dorf, wo er als Priester aushilft, noch jemanden aufrege.
Wohlgemerkt: Eine Vermischung der Konfessionen fände Münzel schade, da man dann nichts mehr voneinander lernen könne – aber man müsse sich doch noch gegenseitig an eine gemeinsame Tafel laden dürfen. Wenn er bestraft würde, hatte der Geistliche schon vor der Feier gesagt, würde das eher dem Bischof schaden – weniger ihm selbst. Denn wenn er es nicht mache, machten es eben andere: „Das ist ein Strom.“ Zum ökumenischen Kirchentag 2003 in Berlin werde sein Regelverstoß von Dutzenden anderer Geistlicher vollzogen. PHILIPP GESSLER
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