: Singende Enkelin
■ Halleluja und überhaupt: Die erfolgreiche Brit-Soulerin Shola Ama bringt nicht nur den Papst zum Wippen
Einmal für den Papst singen – was für jeden gestandenen Black Metaller die Hölle auf Erden sein muss, kam letztes Weihnachten wie eine Zusammenkunft von Halleluja, Karneval und Geburtstag über die Brit-Soulerin Shola Ama. Da stand die junge Künstlerin also am Tag der Tage inmitten einer Hundertschaft internationaler Künstler im Vatikan und schmetterte zusammen mit dem berühmten Harlem Gospel-Chor dem Heiligen Vater zwei schmucke Gospelsongs entgegen. Wir wissen nicht, ob das weißgekleidete Kirchenoberhaupt dazu mit dem großen Zeh im Takt gewippt hat oder inwieweit der Chefchrist überhaupt mit schwarzer Popmusik vertraut ist. Sicher hingegen ist, dass Shola Ama die ganze Aktion in dreierlei Hinsicht „cool“ fand. Zum ersten, weil da so viele Priester waren, mit denen sie zu Abend essen durfte. Zweitens lernte Shola Ama dort auch den Chartstar Jewel kennen, die ihr erzählte, dass sie mal eine ganze Zeit lang im Auto gelebt hat, und zu guter Letzt ist jetzt Oma Ama ganz stolz auf ihre singende Enkelin und deren christliche Tat.
Ansonsten sind im Lager von Englands derzeit erfolgreichster Funksterin alle Zeichen auf Erfolgsandockung gestellt. Drei Jahre nach dem Chartstürmer-Debütalbum Much Love inklusive der Single-Ohrwürmer „Need Somebody“ und „You're The One For Me“ soll nun das Folgewerk In Return alle Hürden nehmen und, wenn möglich, all die Preise einheimsen, die jetzt schon bei den Amas auf der Schrankwand stehen. Leicht wird das nicht werden, denn selbst wenn die 20jährige als größte UK-Soul-Hoffnung seit Ruby Turner, Mica Paris und N'Dea Davenport gehandelt wird, spielt das, was ihre amerikanischen Kolleginnen zurzeit auf dem Markt bringen, noch immer mindestens drei Klassen über dem herkömmlichen Brit-Format.
Wahrscheinlich haben die Strategen um Ama deshalb auch mit Rodney Jerkins jenen Studiomann aus den Staaten engagiert, der schon die soul-müde Whitney Houston wieder nach ganz oben schrieb und produzierte. Und die Ama wirds brauchen, denn so nett sie auch daherkommt und ihren leicht pausbäckigen Pop-Charme übers Volk versprüht, Soul ist und wird halt keine Angelegheit für Girlgroups.
Oliver Rohlf
Do, 15. Juni, 21 Uhr, Mojo
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