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Jubel nach dem Koreagipfel

Südkoreas Kim Dae-jung kehrt umjubelt zurück. Nordkoreas Kim Jong-il sagt Gegenbesuch zu. Auch die internationalen Reaktionen sind positiv, obwohl viele Fragen offen bleiben. Konkrete Fortschritte hängen jetzt vom Willen Pjöngjangs ab

von RYU KWON-HAund SVEN HANSEN

So unerwartet freundlich wie der erste innerkoreanische Gipfel in Pjöngjang begonnen hatte, ist er auch gestern beendet worden. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-il begleitete den südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung persönlich zum Sunan-Flughafen und verabschiedete ihn mit einer Umarmung. Zuvor hatten beide zusammen das in ganz Korea populäre Lied „Unser Wunsch ist die Vereinigung“ gesungen. Ursprünglich hatte Südkoreas Präsident mit seiner Delegation per Autokonvoi über den Grenzort Panmunjom nach Seoul zurückkehren wollen.

In Seoul wurde Kim Dae-jung begeistert empfangen. Zehntausende säumten die Straßen vom Flughafen in die Stadt, jubelten ihm zu, schwenkten die sükoreanische Fahne oder hielten Plakate hoch, die den Wunsch nach Wiedervereinigung ausdrückten oder Kim gratulierten. Auch vor dem Rathaus warteten Tausende auf den Präsidenten.

International wurden das Treffen und das von beiden Staatschefs unterzeichnete Abkommen, das eine Annäherung der verfeindeten Staaten vorsieht, positiv aufgenommen. Die USA reagierten noch am zurückhaltendsten. Präsident Bill Clinton sprach von einem ersten hoffnungsvollen Schritt zur Versöhnung, doch beide Koreas hätten noch viel Arbeit vor sich.

Der Sprecher des US-Außenministeriums sagte, das Treffen der beiden Staatschefs hätte die Wahrscheinlichkeit eines Raketenangriffs nicht verringert. Nordkoreas Raketen dienen den USA als Rechtfertigung für den Aufbau der umstrittenen Raketenabwehr im Weltall. Doch schon vor dem Gipfel hatte die US-Regierung eine Lockerung ihrer Sanktionen gegenüber Nordkorea angekündigt.

Chinas Regierung beglückwünschte beide koreanischen Staaten. Ein Sprecher des Außenministeriums in Peking sagte, die beiden müssten ihren Dialog „ohne Beeinflussung von außen“ führen, um die friedliche Wiedervereinigung zu erreichen.

Euphorisch reagierte Japans Premier Yoshiro Mori, der das Abkommen gar mit dem Fall der Berliner Mauer verglich. Tokio verhandelt derzeit mit Pjöngjang über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Mori kündigte an, sich auf dem G-8-Gipfel im Juli auf Okinawa für eine Unterstützung der koreanischen Wiedervereinigung einzusetzen.

Unterdessen sind Details der am Mittwoch abend vereinbarten „Gemeinsamen Erklärung“ bekannt geworden, die recht vage formuliert ist und kaum weiter reicht als entsprechende Vereinbarungen von 1972 und 1991. Unter Punkt drei wurde ein Treffen seit dem Koreakrieg getrennter Familienmitglieder am 15. August vereinbart. Der „Tag der Befreiung“ vom japanischen Kolonialismus ist in ganz Korea ein Feiertag. Es werden jedoch keine Details genannt, wie viele Angehörige sich auf welche Art treffen dürfen. 7,6 Millionen Südkoreaner haben Angehörige im Norden, die sehr alt sind und zu denen so gut wie kein Kontakt besteht. Der Umfang der Treffen wird zeigen, wieviel Kontakte der Norden überhaupt zulassen will. Bereits in der Vergangenheit waren vereinbart, aber nicht realisiert worden. Kim Dae-jung forderte den auch gestern seine Landsleute zur Geduld auf.

Vereinbart wurde ferner die Fortsetzung des Dialogs auf Regierungsebene und ein weiteres Gipfeltreffen im Süden. Nordkoreas Kim nahm damit die Einladung des südkoreanischen Präsidenten zu einem Gegenbesuch an. Ein konkreter Termin wurde jedoch nicht genannt, außer dass der Besuch zu einem „angemessenen Zeitpunkt“ stattfinden soll.

Einig waren sich die beiden Kims darin, im Süden wegen Spionage für den Norden verurteilte Koreaner nach verbüßter Haft in die Heimat zurückzuschicken. Nicht erwähnt werden in dem Abkommen die Frage der nordkoreanischer Raketen und Atomrüstung und die Anwesenheit von US-Truppen im Süden. Beide Punkte blockierten bisher jegliche Annäherung.

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