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Streit um Schulden

Pragmatismus und der Wunsch nach wirtschaftlicher Zusammenarbeit kennzeichnen den Deutschlandbesuch von Russlands Präsident Putin

BERLIN taz ■ Einen „wirklich substanziellen Neuanfang“ in den deutsch-russischen Beziehungen soll der erste Staatsbesuch von Wladimir Putin in Berlin bringen. So formulierte das zumindest Bundeskanzler Gerhard Schröder bei einer ersten Pressekonferenz mit dem neuen Präsidenten. Das Ziel: Der wegen Kosovo- und Tschetschenienkrieg zusammengebrochene Handel zwischen beiden Staaten soll nun erheblich ausgebaut werden.

Es war die erste persönliche Begegnung zwischen Schröder und Putin. Im Gegensatz zu den „guten Freunden“ Boris Jelzin und Helmut Kohl wollen Schröder und Putin ihr Verhältnis auf eine pragmatische Grundlage stellen. Deutschland als der größte Gläubiger Russlands ist an der Rückzahlung oder zumindest Umstrukturierung der russischen Schulden interessiert, Putins Maximalforderung war der Erlass dieser insgesamt 50 bis 75 Milliarden Mark Schulden. Das lehnt Berlin strikt ab. Im ersten Gespräch seien sich beide Seiten jedoch näher gekommen, erklärte Wirtschaftsminister Werner Müller am Rande des Treffens. Offensichtlich hat Russland anerkannt, dass eine Regelung der Altschulden eine Voraussetzung für neue Wirtschaftsprojekte ist.

Im Gegenzug erklärte die Bundesregierung, eine Wiederaufnahme der staatlichen Exportgarantien für die Industrie auf einem höheren Niveau sei wünschenswert. Russland hat 1998 infolge der Finanzkrise seine Schuldenrückzahlung weitgehend eingestellt, daraufhin wurden die so genannten Hermes-bürgschaften, mit denen deutsche Unternehmer ihre Geschäfte abgesichert hatten, erheblich eingeschränkt. Eine Einigung in der Schuldenfrage soll nun den Weg für die deutschen Investoren freimachen.

Die Differenzen, vor allem Menschenrechtsverletzungen im Tschetschenienkrieg und Verfolgung der freien Medien, wurden im Spitzengespräch vorläufig ausgeblendet. Nicht so auf den Straßen: Mit Sprechhören „Putin – Mörder“ protestierten Demonstranten der Gesellschaft für bedrohte Völker am sowjetischen Ehrenmal im Tiergarten und neben der Botschaft Russlands gegen die Verbrechen der russischen Armee. Als „mörderisch“ bezeichnete die menschenrechtspolitische Sprecherin der Grünen, Claudia Roth, den Krieg in Tschetschenien.

Bundesaußenminister Joschka Fischer besprach in einem Vieraugengespräch mit seinem russischen Kollegen Igor Iwanow das Problem der Pressefreiheit in Russland und brachte seine Besorgnis über die Festnahme des kremlkritischen Medienmagnaten Wladimir Gusinski zum Ausdruck. Die Lage in Tschetschenien war nur einer der 44 Punkte ihres Treffens gestern Abend.

BSCH

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