: Aus für das Ife: Willi weiß, wer wo was lernt
■ Das Institut für Erwachsenenbildung wird geschlossen, einen Bedarf für Kurse für Problemschüler gebe es nicht / Der Schulverein will gegen die Entscheidung klagen
Gestern herrschte Endzeitstimmung am Institut für Erwachsenenbildung (ife). Noch zwei Jahre, dann ist Schluss mit dem alternativen Schulversuch. „Mit Wirkung zum 31.07.2002“ entschied die SPD/CDU Mehrheit der Bildungsdeputation die Auflösung: Bremen habe überhaupt keinen Bedarf an Abiturklassen für ProblemschülerInnen. Jetzt stehen der Bildungsbehörde möglicherweise Klagen ins Haus: Der Verein der Schule will 250.000 Mark zurückfordern, die man bislang in den Schulversuch gesteckt hatte.
Viel Zeit investierte die Deputation nicht mehr: 20 Minuten reichten für die Stellungnahmen, dann war der Tagesordnungspunkt ife erledigt. Der Schulversuch, an dem SchülerInnen mit Brüchen im Lebenslauf das Abitur nachholen können, ist beendet. Der Grund: kein Geld, zu wenig Erfolg bei den Abiquoten und kein Bedarf für Sondergruppen, die hier im Gegensatz zur „Erwachsenenschule Bremen“ ohne abgeschlossene Berufsausbildung beziehungsweise drei Jahre Berufstätigkeit das Abitur nachholen können. Proteste von den Grünen, ife-Schulleiter Heimo Schulte und der Gesamtschülervertretung halfen nichts.
Glauben konnte ife-Schulleiter Schulte die Zahlen aus der Behörde ohnehin nicht: „Denen ist es gelungen, den Bedarf wegzurechnen“, kritisiert er. Zwei Jahrgänge Bewerbungsunterlagen für die Sondergruppen hatte die Behörde durchgecheckt, darunter viele Bewerberinnen mit Kindern. Das Ergebnis: Gut die Hälfte der 28 SchülerInnen könnten auch anderweitig unterkommen. Im Zweifelsfall „böte sich eine Fortsetzung der Ausbildung im beruflichen Bereich an“, heißt es laut Vorlage.
Für ife-Leiter Schulte ein „zynischer Vorschlag“, wenn alleinerziehende Mütter erstmal drei Jahre in die Lehre gehen sollen, damit die Qualifikation für das Abi an der Erwachsenenschule Bremen reicht. „Durch den Wegfall des ife bleibt dieser Klientel der Weg zu höherer Bildung verwehrt“, kritisiert auch Janna Köke von der GesamtschülerInnenvertretung (GSV).
Strittig sind außerdem die Erfolgsquoten beim Abi, die bei der „Erwachsenenschule Bremen“ deutlich höher liegen. „Es gibt genug Fälle beim ife, die den Abschluss nicht machen oder Warteschleifen drehen“, kritisiert SPD-Bildungspolitikerin Ulrike Hövelmann und fordert eine „abschlussorientiertere Ausbildung“. „Zugrunde gelegt wurde bei uns ein besonders schwieriger Jahrgang“, meint dagegen Schulleiter Heimo Schulte, der eine „unvoreingenommene Prüfung der Sparmöglichkeiten“ vermisst. Die 7,8 Lehrerstellen vom ife sollen in Zukunft an anderen Schulen unterrichten. „So wahnsinnig“ viel ließe sich nicht sparen, räumt Hövelmann ein.
Eine Abschlussbewertung des Schulversuchs, wie sie in einem Jahr anstehen sollte, wird es nun nicht mehr geben. „Wenn man der Meinung ist, dass die Fortführung keinen Sinn mehr macht, wartet man nicht noch bis die Evaluation abgeschlossen ist“, erklärt die Bildungsbehörde. „Angesichts steigender Zahlen von Schulabbrechern, halten wir Experimente mit anderen Schulformen für dringend nötig“, kritisiert dagegen Helmut Zachau von den Grünen das aprubte Ende des Schulversuchs.
Was die Klage des ife retten könnte, bleibt offen: 250.000 Mark hatte der Verein in den Versuch gesteckt, weil der Behörde damals das Geld fehlte. Jetzt hofft der Verein auf Schadensersatz: Mit dem Geld könnte man eine Privatschule wie damals das ife gründen. pipe
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