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Beten und bauen

Die Friedrichshainer Auferstehungskirche wird bis Ende 2001 zum Umweltforum ausgebaut. Das künftige Zentrum für ökologisches Bauen wird das erste seiner Art in Berlin sein

von LARS KLAASSEN

Warum nicht mal wieder in die Kirche gehen – zum Beispiel auf einen Cappuccino? Noch müssen Flaneure sich allerdings ein wenig gedulden, bis das Café in der Friedrichshainer Auferstehungskirche seine Pforten öffnet. Der Sakralbau in der Friedenstraße soll allerdings nicht das Café Kranzler beerben. Er wird derzeit zu einem Zentrum für ökologisches Bauen umgewandelt.

Noch ist auf dem Grundstück zwischen Karl-Marx-Allee und Platz der Vereinten Nationen außer dem Bauzaun allerdings noch nicht allzu viel zu sehen. Die im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigte Kirche wurde später notdürftig geflickt und fristete seitdem ein Dasein als Provisorium. Bis Ende 2001 ensteht in der Kirche das „Umweltforum Berlin Auferstehungskirche“.

Die gemeinnützige KirchBauhof GmbH setzt mit diesem Projekt ihr Konzept fort, historisch wertvolle Kirchengebäude wieder mit neuem Leben zu füllen. Das Vorhaben wird von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Rahmen des Umweltförderprogramms III und von der EU über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Effre) mit 5,4 Millionen Mark gefördert.

„Mit der neuen Nutzung als Umweltforum erschließt die Gemeinde sich eine zusätzliche Einnahmequelle, um die dringend sanierungsbedürftige Bausubstanz der Auferstehungskirche zu sichern, ohne das Gebäude aufgeben zu müssen“, erläutert Projektleiter Tim Rössle vom KirchBauhof. Die Gemeinde kann auch nach dem Umbau Teile der Kirche für eigene Belange nutzen.

Rössle ist sich sicher, das dass geplante Zentrum für ökologisches Bauen brummen wird: „Zum einen wächst das ökologische Bewusstsein weiter Teile der Bevölkerung, zum anderen werden die gesetzlichen Anforderungen strenger.“ Besonders für kleine und mittelständische Firmen seien Umweltauflagen oft nur schwer zu erfüllen. Da soll das Umweltforum Hilfe bieten.

Der denkmalgeschützte Bau wird rund 2.000 Quadratmeter zusätzliche Nutzfläche erhalten. Im Erdgeschoss und in der ersten Etage entsteht ein multifunktionales Veranstaltungs- und Tagungszentrum. In den oberen Etagen und im Dachgeschoss werden Büroräume eingerichtet, die kleinen und mittleren Unternehmen als Firmensitz dienen sollen. Ein Beratungsbüro soll Bauherren, Hauseigentümer und Wohnungsbaugesellschaften über die Anwendung ökologischer Bautechniken und Fördermöglichkeiten informieren. Die geplante „Umweltagentur Bau“ wird Leitfäden und Checklisten erstellen, damit Firmen ihre Umweltsituation selbst analysieren können.

Auch bei Fragen des betrieblichen Umweltschutzes, der Öko-Audit-Verordnung oder des Abfallmanagements soll die Agentur beraten. Die „Informationsstelle gesundes Gebäude“ wird die Wirkung von Gebäuden auf die physische und psychische Gesundheit des Menschen untersuchen. Vorhandene Analysen – wie etwa zum „Sick-Building-Syndrom“ – werden ausgewertet und sowohl für die Öffentlichkeit als auch für interessierte Firmen aufbereitet.

„Im Veranstaltungs- und Tagungszentrum werden aktuelle Umweltthemen für Fach- und Laienpublikum aufgegriffen“, so Rössle. Ab 2002 wird die jährliche, bislang in der Kreuzberger Heilig-Kreuz-Kirche beheimatete, Lehmbaumesse im Umweltforum stattfinden. Neben Kongressen, Workshops und Fachtagungen wird auch eine monatliche Veranstaltungsreihe konzipiert. Seminare und Qualifizierungsveranstaltungen sollen für Wissenstransfer sorgen.

Die Veranstaltungsräume können auch von Dritten gemietet werden.

Neben der künftigen Nutzung steht auch der Bau selbst im Zeichen umweltgerechter Materialien und Verfahren. Strom und Wärme werden mit einem Blockheizkraftwerk, einem Brennwertkessel und einer Photovoltaikanlage gewonnen. Feuchteregulierende Lehmputzwände sowie Wand- und Fußbodenheizungssysteme sollen ein gesundes Raumklima schaffen.

Ein Besucherinformationszentrum weist auf die ökologischen Baumaßnahmen und die moderne Umwelttechnik hin. Das Umweltforum dient somit auch als Schaustelle. Alles kann eingesehen werden, von allem kann man lernen.

Auch nach der Fertigstellung lädt die Kirche zum Verweilen ein: Ein Anbau aus Glas und begrünte Dachfassaden sind feste Bestandteile der architektonischen Planung – und das Café mit Außenterrasse nicht zu vergessen.

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