: Bürger beäugen den Staat
Transparency International fordert Recht auf Akteneinsicht für alle. Gesetz ist in Arbeit
BERLIN taz ■ Ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Akteneinsicht bei Verwaltungsbehörden für Bürger forderte gestern die regierungsunabhängige Organisation „Transparency International“ (TI) in Berlin. Die von TI dazu verfasste „Berliner Erklärung“ wurde bereits von den innenpolitischen Sprechern der Regierungsfraktionen, Cem Özdemir (Grüne) und Dieter Wiefelspütz (SPD) unterzeichnet, wie auch von dem Aufsichtsratsvorsitzenden von Bosch, Markus Biereich.
In der Erklärung werden Bund und Länder aufgefordert, Gesetze zur Informationsfreiheit zu verabschieden und „Einschränkungen dieses Grundprinzips klar zu begründen“.
Derzeit erarbeitet das Bundesinnenministerium einen entsprechenden Gesetzentwurf. Das wurde bereits in der Koalitionsvereinbarung der rot-grünen Regierung festgelegt. TI-Sprecher Carel Mohn sieht dabei allerdings erhebliche Schwierigkeiten: „Ein ähnlicher Vorstoß der Grünen wurde in der letzten Sitzung des Bundestages der alten Regierung abgelehnt – mit den Stimmen der SPD.“ Vor allem aus den Ministerien, die die Anfragen von Bürgern dann bearbeiten müssten, sei mit Widerstand zu rechnen.
Als Vorbild für das Gesetz gilt bei TI das erst vor kurzem eingeführte Informationsrecht in Berlin. Danach kann jeder Bürger beispielsweise bei Baugenehmigungen den Planungsverlauf bis zur Entscheidung verfolgen.
„Mit der Transparenz wird auch Korruption verhindert“ erklärte Mohn. Auf Bundesebene könnten Bürger mit dem Gesetz theoretisch die Vergabe von Telefonlizenzen beobachten. Solche Milliardengeschäfte sind prinzipiell anfällig für Bestechungen. Auch den Verkauf der Leuna-Werke an die französische Elf Aquitaine, der nun den Untersuchungsausschuss beschäftigt, hätte man klarer nachvollziehen können.
Insgesamt sei Deutschland, was eine transparente Verwaltung betreffe, ein europäisches Schlusslicht, erklärte der TI-Vorsitzende Michael Wiehen. Viele skandinavische Länder, in denen es solche Gesetze längst gebe, seien aus dieser Tradition heraus praktisch korruptionsfrei. In der EU haben sonst nur drei weitere Staaten kein Akteneinsichtsrecht: Luxemburg, England und Österreich. MAIKE RADEMAKER
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