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Es bleiben zwei Kulturkanäle

Die Hauptstadt wird sich höchstwahrscheinlich weiter zwei öffentlich-rechtliche Kultursender gönnen.Der ORB will sich an Radio Kultur beteiligen. Dafür soll der SFB weiter bei Radio Eins mitmachen

von RICHARD ROTHER

Die Berliner können mit großer Wahrscheinlichkeit weiterhin zwei öffentlich-rechtliche Kultursender hören. Nach monatelangem Streit hat sich der Rundfunkrat des Ostdeutschen Rundfunks Brandenburg (ORB) einem Vorschlag des Senders Freies Berlin (SFB) zur künftigen Zusammenarbeit angenähert. Wie ORB-Intendant Hansjürgen Rosenbauer gestern erläuterte, will der ORB sich an dem vom SFB verantworteten Radio Kultur personell und finanziell beteiligen.

Im Gegenzug erwartet der ORB, dass sich der SFB am kriselnden Radio Eins beteiligt, das mit Rockmusik und Informationsbeiträgen die 25- bis 45-jährigen Hörer erreichen will. Sollte der SFB zustimmen, würde der zweite Kulturkanal, Radio 3, von Kritikern als „Klassikdampfer“ verspottet, künftig vom ORB und dem Nordeutschen Rundfunk (NDR) betrieben. Bei diesem Sender, den der SFB aus Konkurrenzgründen eigentlich ablehnt, wäre er nicht mehr dabei. Die Pläne werden derzeit beim SFB geprüft.

Zuvor hatten die Berliner den Brandenburgern die Pistole auf die Brust gesetzt. Nach dem Motto: Wenn Ihr nicht beim Kulturradio mitmacht, steigen wir bei Radio Eins aus. Der SFB will mit der harten Haltung nicht nur Geld sparen, sondern auch seinen Führungsanspruch beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Region behaupten. Hintergrund ist das absehbare Zusammengehen der beiden finanzschwachen Sender, das spätestens bei einer Länderfusion ansteht. Statt sinnvoll zu kooperieren, kämpfen beide Sender um eine möglichst aussichtsreiche Verhandlungsposition – auf Kosten der Gebührenzahler. Denn mit dem sich abzeichnendem Kompromiss sind in der Region weiterhin zwei öffentlich-rechtliche Kulturwellen zu finanzieren.

Bislang sah es so aus, als würde Radio 3 künftig gemeinsam von SFB, ORB und NDR betrieben. Darauf hatten sich die Intendanten der drei Rundfunkanstalten geeinigt. Das bisherige Radio Kultur wäre diesem zum Opfer gefallen. Der SFB-Rundfunkrat, in dem Vertreter von Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und anderen gesellschaftlichen Organisationen sitzen, hatte diesen Kanal jedoch abgelehnt. Eine solche seichte Klassikwelle würde dem Anspruch der Hauptstadt als Kulturmetropole nicht gerecht, hieß es aus dem Gremium.

Der ORB ist dem SFB jetzt auch im Streit um den Informationskanal Inforadio ein Stück näher gekommen. Ursprünglich wollte sich der ORB aus finanziellen Gründen ganz aus dem eigentlich als sinnvoll erachtetem Programm verabschieden. Nach „Maßgabe seiner Haushaltsplanung“ will der ORB nun prüfen, ob ihm eine Beteiligung an InfoRadio zu einem späteren Zeitpunkt wieder möglich ist. In der Zwischenzeit will sich der ORB wenigstens an der Verbreitung des Programms beteiligen, allerdings nur auf Ballungsraumfrequenzen in Brandenburg. Wer auf dem platten Land wohnt oder zwischen den so genannten Ballungszentren unterwegs ist, müsste auf das reine Informationsprogramm verzichten.

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