: Fairness ist nicht das Ding des IWF
betr.: „Entschulden Sie Ihr armes Land“, (Gebrauchsanweisung für Regierungschefs armer Länder), taz vom 21. 6. 00
So originell die Perspektive der „Gebrauchsanweisung“ auch ist, die Katharina Koufen für ihre Bilanz der Kölner Schuldeninitiative gewählt hat – einige wesentliche Dinge sind dabei schief geraten oder fehlen.
Für einen Schuldenerlass reicht es nicht, arm und hoch verschuldet zu sein, man muss auch im richtigen Moment auf der richtigen Liste des IWF gestanden haben. Nigeria beispielsweise erfüllt die im Artikel genannten Kriterien, wurde aber unter einem formalen Vorwand trotzdem wieder von der Liste der zu entschuldenden Länder gestrichen. Es war den Gläubigern einfach zu groß und zu teuer.
Das Gleiche gilt seit neuestem für Indonesien. Auch bei Ländern auf der Liste, wie dem im Artikel genannten Kamerun, ist längst nicht ausgemacht, ob tatsächlich die Schulden gestrichen werden. Weltbank und IWF verstehen es meisterhaft, Demokratie-Defizite zur Verzögerung der Entschuldung zu nutzen, obwohl sie leicht auf flexible Instrumente wie die Zahlung der Schulden in nationaler Währung in einen Treuhandfonds statt an die Gläubiger zurückgreifen könnten. So ist es keine Überraschung, dass von den 36 Ländern, die durch „Köln“ entlastet werden sollten, bislang nur ein einziges, nämlich Uganda, tatsächlich einen Erlass erhalten hat.
Leider zeigt der Artikel auch nicht auf, dass die widersprüchlichen und komplizierten Mechanismen der Gläubiger nichts Naturgesetzliches sind. Faire und transparente Verfahren, auf die hier zu Lande jeder überschuldete Privatmann im Rahmen des Insolvenzrechts einen Anspruch hat, werden Ländern des Südens noch immer vorenthalten.
Der Generalsekretär der UNO hat in der „Agenda für das 21. Jahrhundert“ den Vorschlag der internationalen Erlassjahrkampagne zur Internationalisierung von Prinzipien des Insolvenzrechts aufgegriffen.
Bislang allerdings sind Fairness und Transparenz noch nicht das Ding von Weltbankern und G-7-Regierungen.
JÜRGEN KAISER , Kampagnen-Koordinator Erlassjahr 2000 – Entwicklung braucht Entschuldung, Essen
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