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Bürgerrecht auf Konto und Kredit

Die privaten Bankkonzerne nehmen die Sparkassen mit einer Beschwerde in Brüssel in die Zange. Die verteidigen sich während ihres Weltkongresses gegen den Vorwurf der illegalen Subventionierung: Sie hätten einen sozialen Auftrag

von HANNES KOCH

Immerhin 150.000 Mark pro Jahr verdiente der Geschäftsführer einer süddeutschen Werbeagentur – trotzdem blitzte er bei seiner privaten Hausbank ab. Einen Kredit von 400.000 Mark, so wurde ihm beschieden, könne er nicht bekommen. Beinahe wäre deshalb der Plan gescheitert, die florierende Agentur von dem in Rente gehenden Besitzer zu übernehmen.

Doch der Werbechef in spe ging zur örtlichen Kreisstadtsparkasse – wo man ihm das notwendige Geld schließlich zur Verfügung stellte. „Alleine in den vergangenen vier Wochen sind mir drei ähnliche Fälle begegnet“, sagt der auf Anonymität bedachte Kreditberater.

Die großen Privatinstitute wie Deutsche Bank oder HypoVereinsbank weigern sich immer häufiger, kleine Unternehmer zu betreuen. Im Verhältnis zur aufwändigen Beratung bringen kleinere Kredite von einigen hundertausend Mark den Geldhäusern zu geringe Einnahmen. Oliver Wolfrum vom Verband der deutschen Privatbanken bestreitet zwar, dass sich die Mitgliedsinstitute von der nicht so zahlungskräftigen Kundschaft verabschieden. Gleichwohl räumt er ein: „Bei 10.000 Mark kann man nicht die gleiche Beratungsintensität verlangen wie bei einer Million.“

Beim Weltkongress der Sparkassen, der heute in Berlin zu Ende geht, kam dieses Thema häufig zur Sprache. Besondere Aufmerksamkeit genießt es, weil der Europäische Verband der Privatbanken eine Beschwerde bei EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti eingereicht hat. Danach haben die öffentlichen Landesbanken und Sparkassen unerlaubte Vorteile, weil der Staat als Gesellschafter im Boot sitzt und zusichert, im Pleitefall die Schulden zu tragen.

Die Privatkonzerne argumentieren, dass die staatliche Sicherheit ihnen höhere Kosten beschert. Weil die öffentlichen Banken quasi nicht pleite gehen könnten, würden sie auf dem Finanzmarkt billiger Geld leihen und mit niedrigeren Zinsen an ihre KundInnen weiterreichen. Den Kostenvorteil beziffert Bank-Lobbyist Wolfrum in der Größenordnung von mehreren hundert Millionen Mark pro Jahr bei großen Landesbanken.

Diese Vorteile stellen die öffentlichen Banken nicht grundsätzlich in Abrede. Allerdings verweisen sie darauf, dass von ihnen im Gegenzug Dienstleistungen verlangt würden, die die Privatkonzerne immer weniger erbrächten. Landesgesetze legen etwa fest, dass eine Sparkasse jedem Bürger ein Konto einräumen muss – egal, wie arm er ist.

Nach Darstellung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes haben auch Mittelständler und Kleinstbetriebe bei den öffentlichen Instituten bessere Karten. „64 Prozent aller Mittelständler werden dort betreut“, sagt Verbandssprecher Guntram Platter. Die Sparkassen führen auch gerne an, dass sie einen zunehmenden Anteil der Förderkredite für Kleinunternehmen abwickeln, die die Kreditanstalt für Wiederaufbau ausschüttet.

Gerade diese Behauptung zweifeln die Privatbanken zwar an. Die grundsätzliche Richtung dürfte jedoch klar sein: Schon im Zuge ihrer gescheiterten Fusion wollten Deutsche und Dresdner Bank ein Zweiklassen-Banking etablieren, das dem Installateur an der Ecke – wenn überhaupt – nur noch eine Beratung geringerer Güte zugestand.

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