: Milošević zum Zweiten
Jugoslawisches Parlament billigt Verfassungsänderung, wonach der Präsident künftig vom Volk gewählt werden soll. Dann könnte Milošević im nächsten Jahr erneut antreten
BELGRAD ap ■ Das jugoslawische Parlament hat gestern einer Verfassungsänderung zugestimmt, mit der Staatspräsident Slobodan Milošević eine weitere Amtszeit ermöglicht wird. Die Abgeordneten billigten in einer ersten Abstimmung einen Antrag, den Präsidenten künftig direkt vom Volk wählen zu lassen. Dies würde eine Wiederwahl Milošević’ nach Ablauf seiner Amtszeit im nächsten Jahr ermöglichen. Eine Verfassungskommission soll nun die Änderungen formulieren und dem Parlament erneut zur Abstimmung vorlegen.
Der Antrag war von den Sozialisten und der mit ihr verbündeten Partei Jugoslawische Linke eingebracht worden. Die Anhänger Milošević’ verfügen im Parlament über die für Verfassungsänderungen nötige Zweidrittelmehrheit. Milošević war 1997 vom Parlament zum jugoslawischen Staatspräsidenten gewählt worden. Nach der bisherigen Verfassung darf er nach Ablauf seiner Amtszeit 2001 nicht erneut kandidieren.
Die oppositionelle Demokratische Alternative kritisierte die Verfassungsänderung scharf. Offenbar wolle Milošević ewig regieren, hieß es in einer Erklärung. Der Präsident täusche sich, wenn er annehme, der neue Wahlmodus garantiere ihm Asyl. Milošević ist vom Haager UN-Tribunal wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Nach Ansicht von Beobachtern ist ein Verbleib im Amt sein bester Schutz gegen Strafverfolgung.
Der Antrag der Milošević-Anhänger sieht auch eine Direktwahl der Abgeordneten der ersten Kammer, des Rates der Republiken, vor. Dies würde den Einfluss Montenegros schwächen. Bisher ernannten die Parlamente Serbiens und Montenegros je 20 Abgeordnete für den Rat, während die zweite Kammer, der Bürgerrat, direkt gewählt wurde. Da Montenegro nur 600.000 Einwohner hat – gegenüber zehn Millionen in Serbien –, hätten montenegrinische Kandidaten bei einer Direktwahl kaum eine Chance auf ein Mandat.
Der Oppositionspolitiker Zoran Djindjić nannte den Plan „einen schweren Schlag gegen den föderalen Staat“, da er die verfassungsgemäße Gleichheit Serbiens und Montenegros zerstöre.
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