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Liebesparade wird immer unbeliebter

Wissenschaftler: Love Parade auf absteigendem Ast. Sie glauben den Höhepunkt der Massenparty überschritten

Die Love Parade könnte heute noch einmal einen Besucherrekord bringen, doch Wissenschaftler sehen das Massenspektakel bereits auf dem absteigenden Ast. „Der Zenit ist vielleicht schon überschritten“, meinte Boris Böhme, Mitarbeiter des „Arbeitsschwerpunkts Hauptstadt Berlin“ der Freien Universität. „Die Rave-Kultur kommt in Berührung mit Dingen, die sie einst ablehnte: Konsum, Kommerzialisierung und Geldmachen.“ Die Parade gewinne immer mehr Freunde unter den Etablierten, und in der Akzeptanz liege vielleicht die Hauptgefahr für die Parade. Sie begann vor über einem Jahrzehnt als Undergroundaktion, heute machen Getränkehersteller damit Reklame.

Wurde das Spektakel früher wegen der Tonnen von Dreck und der Verkehrsprobleme von vielen abgelehnt, würden die jungen Leute heute von der Marketing-Gesellschaft „Partner für Berlin“ und dem Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky nicht nur, aber auch als Wirtschaftsfaktor begrüßt, so Böhme.

Der Theaterwissenschaftler Jens Roselt hält die Parade für harmloser als den Karneval in Köln oder den Fasching in München. Die Love Parade sei ohne bewusstes Ziel. Auch Doris Kolesch, wie Roselt Theaterwissenschaftlerin an der FU, glaubt, dass die Veranstaltung sich ziemlich weit vom Publikum entfernt. „Die Leute merken, wir haben die Love Parade nicht mehr vollständig in der Hand, und wenden sich teilweise ab.“ Die Massenveranstaltung werde von den Angereisten dominiert. „Die Berliner winken ab: Das ist was für die Touristen.“ Damit werde die Parade uninteressant. „Der Höhepunkt ist überschritten. Aber das ist das Schicksal fast jeder Avantgardebewegung“, sagt Kolesch. DPA

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