Ziviler wird's in Bremen nicht mehr

■ Mit dem Abtritt des Konversionsbeauftragten Wolfram Elsner setzt Bremen einen Schlusspunkt bei den Bemühungen, Rüstungsfirmen beim Umschwenken auf zivile Produktion zu unterstützen

In Bremen glaubt man nicht mehr daran, mit Hilfe eines „Konversionsbeauftragten“ die hiesigen Rüstungsfirmen überzeugen zu können, auf zivile Produktion umzustellen. Seit dem 1. Juli zumindest ist der Uni-Professor Wolfram Elsner den Posten los, den er rund acht Jahre lang bekleidete – der Vertrag ist ausgelaufen und vom zuständigen Wirtschaftsressort nicht erneuert worden. Die Landesregierung dürfe sich „nicht aus der Verantwortung stehlen“, kritisiert die „Bremische Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung“. Doch abgesehen von den Friedensaktivisten finden sich in der Stadt kaum noch Menschen, die einen Konversionsbeauftragten für unabdingbar halten.

Als einziges Bundesland richtete Bremen 1992 die Stelle des Konversionsbeauftragten für Firmen ein: Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts hatten die Bremer Rüs-tungsfirmen mit leeren Auftragsbüchern zu rechnen. Bremen war überdurchschnittlich von Rüstungsin-dustrie abhängig, man fürchtete den Verlust der Arbeitsplätze. Beim Wirtschaftssenator wurde die Stelle des Konversionsbeauftragten angesiedelt, Elsner bekam eine Mitarbeiterin und eine Aufwandsentschädigung. Für die friedenspolitische Untermauerung und Zielsetzung des Prozesses sollte die Stiftung herhalten. Eines der rund 140 Gründungsmitglieder: Bürgermeister Henning Scherf (SPD).

Zudem wurde ein Konversionsprogramm aufgelegt, das zu rund 40 Prozent durch die Europäische Union kofinanziert wurde. Rund 45 Millionen Mark wurden in Bremen seit 1992 ausgegeben, um etwa die Motorenwerke Bremerhaven vom Pershing-Warter zum Blockheizkraftwerk-Bauer zu „konvertieren“, um STN Atlas Elektronik zum Bau eines Satelliten-Telefons zu ermuntern oder um die DASA einen Flugroboter für zivile Zwe-cke bauen zu lassen. Die Aufgabe des Konversionsbeauftragten: Klinken putzen und auf Fördergeld aufmerksam machen. In Zeiten der Not nahmen die Firmen es gerne.

Acht Jahre sind vergangen, das EU-Geld ist ausgegeben, die Auftragsbücher wieder voll. Einige Firmen wie die Deutsche System Technik haben trotz Konversions-Bemühungen Pleite gemacht; andere wie der Vulkan-Ableger STN und größter Rüstungskonzern in Bremen, wurde an Rheinmetall verkauft. Rund 2.000 Jobs konnten erhalten werden, weil die Produktion auf zivile Güter umgestellt wurde, bilanzierte Elsner bereits letztes Jahr. Von ehemals 10.000 rüstungsabhängigen Arbeitsplätzen in Bremen fand er 1999 nur noch 3.000. Im Oktober soll eine Abschlussbilanz vorgelegt werden.

„Manchen Firmen haben wir durch schwierige Zeiten geholfen und sie zum Teil auf andere Ideen gebracht“, sagt Elsner heute. „Heute kümmert das wenig. Das muss-ten wir in Kauf nehmen“. Insgesamt bewertet er den Prozess positiv. „Wir haben Strukturpolitik gemacht, und das ist nun an ein gewisses Ende gekommen“.

Bei dem Grünen Manfred Schramm trifft die Entscheidung, Elsners Vertrag nicht zu verlängern, auf begrenztes Bedauern. Da man die Ziele nicht erreicht habe, sei der Schritt „nur konsequent“. Richtig fände er allerdings, wenn das Thema im Wirtschaftsressort jetzt nicht unter den Tisch falle.

Weniger strukturpolitisch, viel mehr friedenspolitisch bewertet die Stiftung für Rüstungskonversion und Friedensforschung Elsners Ausscheiden. „Konversion ist heutzutage einfach out“, sagt Stiftungsmitglied Andrea Kolling. „Dabei ist das wichtiger denn je“. Die jetzige Entscheidung sei „einer der letzten Sargnägel“ für das Auslaufen des Konversions-Prozesses. Und Stiftungs-Mitgründer Armin Stolle ergänzt: Der Gedanke sei noch nicht tot. Die Stiftung wird ihr Dasein nun wohl mehr dem zweiten Wort ihres Namens rechtfertigen: der Friedensforschung. cd