: Dem Publikum ordentlich eingeheizt
■ Beenie Man: War in der Großen Freiheit, machte erheblich Druck, kratzte sich zu oft und wurde von Queen Doreen vorübergehend gezähmt
„Who got the keys to my Bimmer?“ Am Schluss seines Konzerts kam er dann doch noch, der ersehnte große Hit „Who Am I“, Beenie Mans Tribut an die Bayrischen Motorenwerke (“Bimmer“ = BMW). Aber da ging schon kaum mehr was, gute zwei Stunden lang hatte der dünne jamaikanische Superstar, diesmal im Anzug, die versammelte Reggae-Gemeinde rangenommen und sie ausgequetscht bis auf den letzten Tropfen. Ihnen mit seiner vierköpfigen Band Riddim auf Riddim um die Ohren gehauen, manche nur etwa zehn Sekunden lang angespielt, manche zu Ragga-Opern ausgewalzt, vom Bob Marley-Cover bis zu dem brachialen, marschähnlichen Streetsweeper-Riddim, Ausflüge in Soca und Afro-Oldies wie „Wimoweh“ inbegriffen.
Bei jeder möglichen Gelegenheit kratzte sich der junge Mann am Gemächt und pries seine After- showparty an, bei der natürlich nur die Ladys eingeladen seien. „I don't party with guys.“
Gar nicht so flegelhaft und notgeil, sondern wirklich sehr höflich verhielt er sich zu der lokalen Reggae-Größe Queen Doreen, die kurze Zeit auf die Bühnegebeten wurde, um der Menge zu dolmetschen, dass es bei Dancehall-Music um „nichts als Energie“ ginge. Und ehrlich, er hat es uns besorgt.
Was dem Laien als heilloses Chaos aus Anspielen, Abbrechen, Rewinds, Feedback, Rastafarai-Vorträgen und Ausrasten erscheinen musste, war tatsächlich ein grandioses Lehrstück in Sachen Druck machen. Das zehrte an den Nerven und war aufregend, aber nach zwei Stunden hätten wir gerne ein bisschen Frischluft getankt, um danach beim Pow Pow Sound System und der britischen DJ-Legende David Rodigan noch entspannen zu können. War aber nicht, weil die Order der Hallenbetreiber war, niemanden mehr reinzulassen, der rauswollte. Deshalb sei an dieser Stelle mal deutlich gesagt: Liebe Große Freiheit, was bist Du für ein Scheiß-Laden. Erst dürfen sich deine Gäste bei schlechter Luft den überlauten Sound deiner tauben Tontechniker reinziehen, und dann lässt Du sie noch nicht mal zwischendurch Luft schnappen.
Christoph Twickel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen