: Leerstellen im Lehrkörper sollen sofort gefüllt werden
SPD-Senator kündigt an, künftig alle frei werdenden Lehrerstellen umgehend neu zu besetzen. Dennoch fallen nach seinem ersten Schuljahr die Zeugnisse für Klaus Böger durchwachsen aus
von BERT SCHULZ
Während gestern die 390.000 SchülerInnen Berlins ihre Zeugnisse bekamen, erhielt auch Schulsenator Klaus Böger (SPD) gute Zensuren – zumindest aus eigenem Munde. Zufrieden mit seinem bisherigen Schaffen kündigte er an, dass alle Lehrerstellen, die im kommenden Schuljahr frei werden, umgehend wieder besetzt werden. Das geschah bislang nur in Ausnahmefällen – meistens wurden die frei werdenden Gelder schlicht eingespart.
Künftig, so Böger weiter, solle eine 105-prozentige Deckung der LehrerInnenstellen gewährleistet sein. Darauf habe man sich bei den Haushaltsverhandlungen im Senat geeinigt. Ausscheidende PädagogInnen sollen innerhalb von zwei Monaten ersetzt werden. Damit werde der „Status quo“ gesichert. Pro Jahr scheiden durchschnittlich 1.000 LehrerInnen aus dem Schuldienst aus. Das Landesschulamt rechnet bis zum Jahresende allerdings mit einer noch höheren Zahl, weil derzeit eine günstige Pensionsregelung die LehrerInnen lockt.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) reagierte gestern verhalten auf das Versprechen des Senators: „Das wäre ein Schritt in die richtige Richtung und ein Zeichen, dass die Proteste gewirkt hätten“, sagte GEW-Chef Ulrich Thöne. So richtig glauben wollte er die Ankündigungen aber nicht.
Böger kündigte zudem an, den anstehenden Generationenwechsel unter den Lehrern anzuschieben. JedeR der angestellten LehrerInnen über 55 solle persönlich auf die Altersteilzeitregelung aufmerksam gemacht werden. Für verbeamtete PädagogInnen beabsichtigt der Schulsenator die Einführung einer Altersteilzeit.
Nach Angaben des neuen Leiters des Landesschulamts, Ludger Pieper, wurde in den 900 Berliner Schulen seit Februar die Unterrichtszeit im Umfang von rechnerisch 268 Stellen erhöht. Zum neuen Schuljahr werden weitere 500 Stellen folgen. Diese werden zumeist über Arbeitszeiterhöhung bei Teilzeitkräften besetzt. 300 LehrerInnen werden neu eingestellt. Neue Stellen sind damit nicht geschaffen worden.
Zudem verteidigte Pieper die Umsetzung von 285 GrundschullehrerInnen aus dem Ostteil der Stadt in den Westen, wo die bisherigen StelleninhaberInnen an die Oberschulen wechseln sollen (die taz berichtete). Dadurch sieht der Deutsche Philologenverband (PHV) zu Schulanfang „ein Chaos vorprogrammiert“. Auch der Landeselternausschuss übte scharfe Kritik: In einem offenen Brief an Böger verlangte er „bedarfsgerechte Neueinstellungen zur Deckung des Fachunterrichts an allen Schulen“.
Die PDS stellte dem Schulsenator gestern ein mäßiges Zeugnis für sein erstes Schuljahr aus. Fünfen und Sechsen hagelte es in Deutsch (Dichtung und Wahrheit) und Fremdsprachen (Dialog). Eine Spitzennote verdiene Böger dagegen in Sport – insbesondere im „Fettnapfttreten“.
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