: „Es ist gut, was du machst“
■ Kinder sollen mehr Selbstbewusstsein bekommen – durch heilpädagogisches Tanzen
Kinder, die öfter mal was umstoßen. Kinder, die manchmal irgendwo gegen rennen. Hibbelige Kinder, stets aufgeregte Kinder. Schüchterne. Mollige. Kinder mit leichten Behinderungen. Kleine, die den Großen oft zu langsam sind. Merken, sie funktionieren nicht richtig, werden unsicher, verpassen den Anschluss. „Kinder mit kleineren körperlichen Problemen“, nennt Monika Haane die ganz heterogene Gruppe dieser Kids. Sie will ihnen auf die Sprünge helfen.
Ihre Methode: der heilpädagogische Tanz. Nach der Sommerpause bietet die Sonderpädagogin beim Verein Impuls in Hastedt Kurse für Fünf- bis Achtjährige an.
„Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass das Kind gesund ist. Oder genügend gesunde Anteile hat“, sagt die Lehrerin. Sprich: dass das, was im Vergleich mit anderen Kindern wie ein Defizit aussieht, für sich genommen in Ordnung ist. „Es ist alles gut, was du machst. Du bist goldrichtig“, das sei die Botschaft, die sie ihren SchülerInnen vermitteln will, so Haane. Denn: „Ein Kind macht die Bewegungen, die es kann. Das ist immer richtig, immer gut.“
In den Sälen der ehemaligen Kleiderfabrik, die Impuls für seine Bedürfnisse um- und ausgebaut hat, sollen die Dreikäsehochs hüpfen, stampfen, schweben, schleichen, tanzen oder trippeln. Zu Musik ihre Möglichkeiten und Kräfte ausloten. Im Rollenspiel miteinander in Kontakt treten. Voneinander abgucken, einander nachahmen. Körper- und Selbstwertgefühl sei bei Kindern in diesem Alter fast eins. „Kinder“, weiß Haane, „werden nicht gehänselt, weil ihnen die Feinmotorik fehlt, sondern weil sie den Fußball nicht treffen.“ Wenn sie dann in der Gruppe bei Impuls Bewegungen machen, die die ganze Gruppe nachmacht, wenn sie als Eisprinzessin oder Zauberer zu Musik aller Art neue Welten ausloten und die Gruppe mit ihnen – dann holen solche Kinder Erfahrungen nach, die ihnen Selbstvertrauen geben und heilen können.
Die Erkenntnis, wie wichtig Selbstbewusstsein ist, diese Erkenntnis ist so alt wie verbreitet. „Klingt alles ganz einfach“, gesteht auch Pädagogin Haane zu, allein im Alltag und im Umgang mit Eltern betroffener Kinder sehe das schon wieder anders aus. „Der Anspruch im Kopf ist: Alle sind gleich“, hat sie erfahren. „Aber wenn's ans eigene Kind geht, sind die Leistungen und Normen wieder da – wann muss mein Kind was können.“
Hinkt ein Kind erst mal hinterher, dann kann das Abseits ganz schnell kommen. „Wenn dann nicht schnell was passiert, können die Defizite immer stärker werden“, erklärt die Pädagogin. Denn eine kleine Verspätung oder leichte Behinderung kann so zu erschwerter Kommunikation führen; die Kinder werden in ihrem negativen Selbstbild zunehmend isoliert.
Die Kurse von Monika Haane sind noch längst nicht voll. Eine Stunde von zwölf vorgesehenen kostet 135 Mark. „Wir kriegen leider keine Zuschüsse“, sagt Inge Deppert, Gründerin und Vorsitzende von Impuls. Das ändere sich möglicherweise, mit den Krankenkassen sei man im Gespräch, Interesse sei signalisiert. sgi
Neben den Kursen für Kinder bietet Monika Haane auch Fortbildungen für Fachkräfte aus Kindertageseinrichtungen zum Thema Tanzen mit Kindern an. Programm und Anmeldung bei Impuls, Tel. 0421/498 94 94
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen