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Kündigung auf Biegen und Brechen

Holtzbrincks „Lausitzer Rundschau“ will widerspenstige Mitarbeiter entlassen, um endlich unter Tarif zahlen zu können

BERLIN taz ■ Die Stimmung in Cottbus ist mies, so mies wie nie zuvor in den vergangenen zehn Jahren seit der Wiederauferstehung der einstigen SED-Bezirkszeitung als unabhängige Lausitzer Rundschau.

Denn auch wenn die vom Verlag gekündigte Chefreporterin Sandra Daßler (taz vom 23. 6.) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im anstehenden Kündigungschutzverfahren gewinnt und formal weiterbeschäftigt werden muss: Verlag und Chefredaktion der zum Holtzbrinck-Konzern gehörenden Lausitzer Rundschau wollen offenbar um jeden Preis die engagierte Journalistin loswerden. Dass Sandra Daßler dank ihrer – derzeit zwar ruhenden – Zugehörigkeit zum Betriebsrat ohnehin unkündbar ist, hatte man in der Eile wohl nur übersehen. Auch dass die als Kündigungsgrund vorgebrachten „neue Struktur des Blattes“ (Chefredakteur Peter-Stefan Herbst) beim Gütetermin vom Gericht nicht einmal ansatzweise erkannt werden konnte, sodass der Verlag zur Verhandlung im September jetzt schriftlich sein neues Konzept darlegen muss, schreckt die Geschäftsführer nicht.

Trotz des noch laufenden Verfahrens hat die Geschäftsführung Daßlers Password und E-Mail-Zugang gesperrt, die Journalistin kann „de facto nicht mehr arbeiten“, sagt ihr Anwalt, sie habe so nicht einmal die Möglichkeit, sich intern auf dem Laufenden zu halten.

Genau dies ist Absicht, schließlich geht es um viel Geld: Verlag und MitarbeiterInnen der Rundschau streiten über einen neuen Haustarif für das Regionalblatt. Um den angedrohten Hinauswurf von rund 80 Angestellten abzuwenden, soll die Redaktion einer Bezahlung unterhalb des im Flächentarifvertrag vorgesehen Gehalts zustimmen.

Erbitterte Gegenwehr kam vom Betriebsrat – und Sandra Daßler. Aus Sicht des Unternehmens gebe es nur sehr wenige Mitarbeiter mit einem solchen Widerspruchsgeist, sagt ein Insider. Ihrer will sich der Verlag jetzt offenbar um jeden Preis entledigen. STEFFEN GRIMBERG

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