: Wahid unter Druck
Indonesiens Regierung sieht sich gezwungen, den gewaltsamen Konflikt in den Molukken zu beenden
BERLIN taz ■ In Indonesien wächst die Erkenntnis, dass eine internationale Intervention unvermeidlich ist, sollte der Konflikt zwischen Muslimen und Christen in den Molukken nicht bald beendet werden. Christliche Bischöfe fordern bereits die Entsendung einer internationalen Friedenstruppe. Dies lehnen die Verantwortlichen in Jakarta bisher strikt ab. Für Armeechef Tyasno Sudarto ist die Entsendung internationaler Friedenstruppen eine Gefahr für Indonesiens nationale Einheit.
UN-Generalsekretär Kofi Annan drängt Indonesiens Präsidenten Abudrrahman Wahid, für ein rasches Ende der Kämpfe zu sorgen. Er habe Wahid aufgefordert, „alle notwendigen Schritte“ zu unternehmen, um dem Blutvergießen in den Molukken ein Ende zu bereiten, sagte Annan am Mittwoch in New York. Wahid habe ihm versichert, dass seine Regierung die Anstrengungen verstärken werde. Anfang August will Außenminister Alwi Shihab nach New York reisen, um den Druck für eine Intervention zu mindern.
Wahid hatte am Dienstag erstmals angedeutet, seine Regierung könnte internationale Hilfe erwägen. „Wenn das Ergebnis immer noch unbefriedigend ist, nachdem wir unser Bestes getan haben, könnten wir um Hilfe für Ausrüstung und Logistik bitten“, so Wahid. Auch er lehnt die Entsendung einer Friedenstruppe offiziell ab. Etwas anderes könnte er sich innenpolitisch auch nicht leisten. „Die noch vorsichtig formulierte ‚Erwägung‘ Präsident Wahids muss als Hilferuf verstanden werden“, meint Alex Flor von der Berliner Menschenschrechtsgruppe Watch Indonesia. Er fordert westliche Regierungen auf, mit Wahid konkrete Hilfen zu erörtern.
Die Regierung hat auf den Molukken am 27. Juni den zivilen Notstand verhängt. Das erleichtert Polizei und Militär Hausdurchsuchungen und die Beschlagnahme von Waffen. Die Soldaten sind jedoch selbst Teil des Problems, da sie die Konfliktparteien mit Waffen versorgen. Anfang der Woche gelang es erstmals einem Kamerateam, Soldaten zu filmen, die Muslimen beim Angriff auf ein christliches Dorf Feuerschutz gaben. Die Muslime hatten zudem Waffen aus Militärbeständen.
In dem seit Januar 1999 andauernden Konflikt auf den Molukken sind bislang rund 4.000 Menschen getötet worden, eine halbe Million ist auf der Flucht. Die Kämpfe flammten wieder auf, nachdem im Juni 3.000 Männer der muslimischen „Laskar Jihad“-Miliz“ ungehindert von Java auf die Molukken reisen konnten. Im Unterschied zum Rest des Landes, in dem Muslime 90 Prozent der Bevölkerung stellen, ist der Bevölkerungsanteil von Christen und Muslimen auf den Molukken etwa gleich stark.
SVEN HANSEN
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