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Expo-Misere immer deutlicher

Besuchermangel und falsche Kalkulationen: Vor allem in der Gastronomie und den Shops müssen weitere hunderte Beschäftigte mit Kündigungen rechnen

HANNOVER dpa ■ Die Expo in Hannover wird weiter von den Folgen ihrer Besuchermisere gebeutelt. So droht die Genfer Umweltstiftung Zeri vor allem wegen nicht ausreichender Einnahmen aus dem Souvenirverkauf bereits damit, ihren Pavillon zu schließen. Außerdem müssen nach Angaben des Expo-Betriebsrates hunderte Mitarbeiter auf dem Gelände der Weltausstellung in den nächsten Tagen mit Kündigungen rechnen.

Seit Beginn der Expo am 1. Juni sollen mehr als 2.700 Arbeitsverträge gekündigt worden sein, rund 1.900 Mitarbeiter davon konnten ihre Arbeit in Hannover gar nicht erst beginnen. Dabei geht es vor allem um die umsatzabhängigen Arbeitsplätze in der Gastronomie und den vielen Souvenir-Shops.

Zugleich zeichnet sich ab, dass Niedersachsen und die Bundesregierung allein auf dem drohenden Milliardendefizit der Weltausstellung sitzen bleiben. Die anderen Bundesländer zeigen keine Bereitschaft, sich am Verlust der Weltausstellung in Hannover zu beteiligen. Klare Absagen kamen aus Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Bayern, Schleswig-Holstein und Hamburg. Die SPD in Niedersachsen hatte sich dafür stark gemacht, dass auch die anderen Bundesländer für das drohende Milliarden-Defizit mit aufkommen sollen. „Die Expo ist eine nationale Veranstaltung“, hatte der Fraktionsvorsitzende Axel Plaue betont.

Mit dem Zeri-Pavillon aus Bambus und dem Holz des Arboloco-Baumes, kombiniert mit recyceltem Zement, würde die Expo ausgerechnet eines ihrer Öko-Vorzeigeprojekte verlieren. Um die laufenden Kosten zu decken, brauche die Organisation bis zum Ende der Expo rund eine halbe Million Mark. „So viel Geld nehmen wir nicht ein, weil zu wenige Besucher kommen“, so Pavillon-Direktor Karlsson Anders. Die Umweltorganisation suche nun verzweifelt nach Sponsoren für den Pavillon.

Auch beim Personaldienstleister Adecco wird derzeit gerechnet. So verhandelt das Unternehmen mit mehreren Großkunden auf der Expo, um die Zahl der erneuten Kündigungen möglichst gering zu halten. Gleichzeitig ging das Unternehmen zusammen mit den Gewerkschaften die Mitarbeiterlisten durch, um soziale Härtefälle zu vermeiden. Bei einer ersten Kündigungswelle im Juni waren zu 80 Prozent Schüler und Studenten betroffen. Diesmal sei dies anders. Eine Adecco-Sprecherin gab die Zahl der bislang gelösten Arbeitsverträge mit insgesamt 1.678 an. Weitere 100 Mitarbeiter könnten ihre Arbeit nicht, wie geplant, am 1. oder 15. August aufnehmen. Bereits nach wenigen Wochen hatte Adecco den Bedarf von ursprünglich rund 7.000 Mitarbeitern auf rund 4.500 korrigiert.

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