: „Regen ist prima für manche Kunden“
Ulrich Schwerhoff handelt mit Wetter-Derivaten und hofft daher auf wechselhafte Temperaturen
Ulrich Schwerhoff guckt jeden Morgen besonders interessiert in den Himmel: Der 47-jährige Hamburger handelt seit kurzem mit Wetten auf das Wetter. Über seine Internet-Handelsplattform „Tropos-X“ können wetterabhängige Unternehmen, etwa Touristikfirmen, Energieversorger oder Open-Air-Veranstalter bei finanzkräftigen Counterparts, also Banken oder Rückversicherungen, Optionsscheine kaufen, mit denen Wetterrisiken abgesichert werden. Schwerhoff vermittelt und bekommt eine Provision von drei Prozent. In den USA wächst der neue Geschäftszweig und soll jetzt auch in Deutschland Nachahmer finden.
taz: Als Sie an Siebenschläfer aufwachten und es regnete, was haben sie da gedacht?
Ulrich Schwerhoff: Privat dachte ich: Ach du lieber Himmel!
Und geschäftlich?
Hab’ ich gedacht: prima! Denn schließlich haben wir ein paar Kunden, die vom regnerischen Wetter profitieren.
Wie bitte?
Wenn in Deutschland das Wetter schlecht ist, buchen mehr Leute Reisen in den Süden. Das ist gut für die Touristikbranche.
Heißt das, ein heißer Sommer ist in Deutschland ein Geschäftsrisiko?
Für bestimmte Reiseunternehmen. Für Touristikunternehmen, die Urlaub im Süden anbieten, ist es attraktiv, sich gegen lange Sommermonate im Inland abzusichern. Deren Geschäft läuft mies, wenn hierzulande die Sonne knallt.
Was ist unterm Strich besser für Sie, Regen oder Sonne?
Schlecht ist, wenn sich das Wetter lange nicht ändert. Wenn über Monate hinweg die Sonne scheint – grauenhaft! Da findet kein Touristikunternehmen einen Counterpart, der das Sonnenrisiko absichert.
In den USA werden schon viele „weatherdeals“ abgeschlossen. Kann sich eine deutsche Firma auch bei einem amerikanischen Counterpart gegen schlechtes Wetter absichern?
Der Knackpunkt bei den Wetter-Derivaten ist der: Sie müssen sich auf einen Schiedsrichter einigen, also eine Wetterstation. Es muss ja geklärt werden: Hat es wirklich geregnet, oder hat es nur getröpfelt? Dass aber ein amerikanischer Counterpart ein Geschäft abschließt, bei dem es beispielsweise auf die Angaben der Wetterstation Berlin-Kreuzberg ankommt, das ist eher unwahrscheinlich.
Wo liegt die Zukunft des Wetter-Handels in Deutschland?
Unter anderem in der Windkraft. Windkraftwerke werden staatlich gefördert. Jetzt muss der Wind aber auch tüchtig blasen. Ich habe schon die Anfrage eines Windkraft-Unternehmens, das sich gegen Windstille absichern will.
INTERVIEW: BARBARA DRIBBUSCH
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