Diplomaten im Stress

Nordkoreas Außenminister trifft Madeleine Albright im Rahmen einer umfassenden diplomatischen Offensive zu einem freundlichen Gespräch mit hohem Symbolgehalt

BERLIN taz ■ Die Diplomaten des vormals isolierten Nordkoreas können kaum noch Schritt halten mit der Dynamik, die ihr Machthaber Kim Jong Il im Juni mit dem ersten innerkoreanischen Gipfel ausgelöst hat. Denn seitdem reiht sich ein ungewohntes Treffen an das nächste. Mit der allerersten Begegnung zwischen den Außenministern Nordkoreas und der USA kam es gestern zu einem weiteren Höhepunkt. Paek Nam Sun und Madeleine Albright trafen sich in Bangkok am Rande des Regionalforums der südostasiatischen Außenminister, auf dem diese Sicherheitsfragen erörtern.

„Mein Treffen mit Außenminister Paek ist ein von der Substanz her bescheidener, aber symbolisch historischer Schritt weg von der Sterilität und Feindschaft der Vergangenheit“, sagte Albright. Das auf zwanzig Minuten angesetzte Treffen dauerte fast eine Stunde. Gleich anschließend traf Paek den neuseeländischen Außenminister.

In den Tagen zuvor hatte Nordkoreas Außenminister in Bangkok seine südkoreanischen, japanischen und kanadischen Amtskollegen sowie den EU-Außenkommissar Chris Patten getroffen. Auch dies waren jeweils erstmalige Zusammenkünfte. Paek war der Star der Medien, eine für ihn ungewohnte Rolle.

Albright machte bei dem gestrigen Treffen die Sorgen der USAhinsichtlich des nordkoreanischen Raketen- und Atomprogramms deutlich. Mit der Entwicklung von Mittel- und Langstreckenraketen durch das stalinistische Regime begründen die USA Pläne für den Aufbau einer regionalen und einer nationalen Raketenabwehr (TMD und NMD).

Nach Angaben aus diplomatischen Kreisen nannte Paek keine Einzelheiten zum angeblichen Angebot Nordkoreas, seine Raketenstarts im Tausch für internationale Hilfe bei Satellitenstarts einzustellen. Die USA hatten jüngst angedeutet, Nordkorea womöglich beim Start von Satelliten zu helfen, wenn diese woanders stattfinden. Nordkoreanische Kreise erklärten gestern nur, bei dem Treffen sei besprochen worden, wie die Beziehungen normalisiert werden könnten. Nordkorea will möglichst bald diplomatische Beziehungen aufnehmen, während die USA dies von konkreten Schritten abhängig machen.

Für Nordkoreas Diplomaten geht der Stress heute weiter: In Südkoreas Hauptstadt Seoul wird eine Delegation dreitägige Gespräche über vertrauensbildende Maßnahmen beginnen. Mitte August werden sich dann aus Nord und Süd jeweils hundert Angehörige getrennter Familien treffen. SVEN HANSEN