piwik no script img

Lima im Tränengas

Bei Protesten gegen die Vereidigung von Perus Präsident Fujimori kommt es zu schweren Straßenschlachten. Auch der Geheimdienst mischt mit

von INGO MALCHER

Begleitet von schweren Protesten hat Präsident Alberto Fujimori am Freitag seine dritte Amtszeit angetreten. Schwere Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sondereinsatzkommandos der Polizei überschatteten die Vereidigung Fujimoris. Sechs Menschen kamen ums Leben, als die Demonstranten in mehreren öffentlichen Gebäude Feuer legten. Lima war am Freitag in eine graue Tränengaswolke eingehüllt. Noch vor dem Kongressgebäude waren beim Empfang der eingeladenen Gäste das Tränengas zu spüren und die Schreie der Demonstranten zu hören, die versuchten zum Kongress zu gelangen, um gegen die Amtsübernahme zu protestieren. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und schoss mit Tränengasgranaten in Kopfhöhe auch auf friedliche Demonstranten. Es gab mindestens 80 Verletzte.

Der Oppositionsführer Alejandro Toledo verurteilte den Vandalismus, machte für die Eskalation der Gewalt aber Geheimdienstbeamte verantwortlich, die sich in die Reihen der Demonstranten eingereiht hätten. Mehrere internationale Beobachter teilten diese Meinung. So war es auffällig, dass die Polizei auf sämtliche Demonstranten losging, mit Ausnahme derjenigen, die im Justizpalast Feuer gelegt hatten.

Während der Vereidigungszeremonie demonstrierten Abgeordnete der Opposition gegen Fujimori. Beim Einzug des alten und neuen Präsidenten hielten sie Transparente in den Händen, auf denen sie Neuwahlen forderten. Einige der Abgeordneten trugen aus Protest gegen die Polizeigewalt Atemmasken. Der Schwur des Amtseids ging in den Rufen „Nieder mit der Diktatur“ unter. Aus Protest gegen die Vereidigung Fujimoris verließen die Oppositionsabgeordneten das Parlament.

Bei den Straßenschlachten gingen auch zahlreiche Fensterscheiben von Bürogebäuden zu Bruch. Ganze Straßenzüge versanken im Tränengasnebel.

In seiner Antrittsrede wies Fujimori den von der Opposition gemachten Vorwurf des Wahlbetrugs zurück. Es gäbe kein Land, so Fujimori, „in dem die Minderheit regiert“. Fujimori lobte seine Arbeit der vergangenen zehn Jahre als Präsident Perus und zeichnete das Bild eines idyllischen Landes. Am Samstag ernannte der den Neoliberalen Carlos Boloña zum Wirtschaftsminister. Boloña war von 1991 bis 1992 schon einmal Wirtschaftsminister und begann mit dem radikalen Privatisierungsprogramm in dem Land. Empörung bei der Opposition rief auch die Ernennung von Federico Salas zum Kabinettschef hervor. Salas hatte als Gegner Fujimoris für das Amt des Präsidenten kandidiert. Alejandro Toledo hatte ihn hinter vorgehaltener Hand immer als „Mann Fujimoris“ bezeichnet. Im Nationalkongress hatte Fujimori die Mehrheit um nur wenige Sitze verfehlt. Bei der Einweihung des Kongresses wechselten acht Abgeordnete zu Fujimoris Liste über und verschafften ihm so die Mehrheit. Die Opposition wirft ihren ehemaligen Weggefährten vor, sie hätten sich kaufen lassen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen