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Ratschlag im Streichelzoo

DGB bietet Forum für Konsens gegen Rechtsextremismus, Regenbogen attackiert Innensenator, Skepsis gegen NPD-Verbot  ■ Von Sven-Michael Veit

Das Datum ist mit Bedacht gewählt. Am 1. September, 51 Jahre nach Auslösung des Zweiten Weltkriegs durch Nazi-Deutschland lädt Hamburgs DGB zu einem „Ratschlag gegen Rechtsextremismus“. Es müsse gelingen, so DGB-Chef Erhard Pumm, „gemeinsame Maßnahmen gegen die vielfältigen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus“ zu entwickeln.

Zu diesem Zweck lud er gestern ein breites antifaschistisches Bündnis am Anti-Kriegs-Tag ins Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof: Parteien, Kirchen, Ständeorganisationen, SchülerInnenkammer, Einzelgewerkschaften und Sportvereine stehen auf Pumms Liste. Sie sollen Antworten suchen auf die Frage, „wie in unserer Gesellschaft ein Klima für mehr Demokratie und Toleranz zu erzeugen ist“.

Wie breit dieses Bündnis sein kann, ist durchaus offen. Der Regenbogen zum Beispiel attackierte gestern SPD-Innensenator Hartmuth Wrocklage heftig. Hamburg dürfe „kein Streichelzoo für Neonazis werden“, forderte der Abgeordnete Lutz Jobs. Wrocklage müsse „endlich seine rechtlichen Spielräume gegen neonazistische Umtriebe ausschöpfen“.

Der Innensenator war seit längerem in die Kritik geraten, dass er allzu ängstlich mit Verbotsverfügungen gegen Nazi-Aufmärsche sei. In Göttingen wurden entsprechende Verbote ausgesprochen, die auch vor dem Bundesverfassunmgsgericht Bestand hatten, erinnert Jobs. Vom Senat will er deshalb in einer Kleinen Anfrage nun wissen, welche Konsequenzen dieser daraus zu ziehen gedenke.

Besonders verärgert ist Jobs auch über die Genehmigung eines NPD-Standes am 1. Juli auf der Altonaer Großen Bergstraße. Damals waren die Nazis von aufgebrachten Anwohnern und Passanten in der Fußgängerzone bepöbelt, mit Obst beworfen und schließlich verjagt worden (taz hamburg berichtete). Der Regenbogen-Parlamentarier will nun detailliert erfahren, warum der Stand überhaupt genehmigt wurde. Auch begehrt er Auskunft darüber, ob die Polizei die Personalien der NPDler festgestellt habe und ob sich unter ihnen einschlägig bekannte Gewalttäter befunden hätten.

Ein bundesweit diskutiertes mögliches Verbot der NPD wird in Hamburg derweil skeptisch betrachtet. SprecherInnen von SPD, GAL und CDU äußerten gestern die Befürchtung, die Neonazis seien in der Illegalität „noch schwerer zu kontrollieren“. Wichtiger sei ein gesellschaftlicher Konsens gegen Rechtsextremismus.

Der kann ja am 1. September im Hamburger Gewerkschaftshaus gefunden werden.

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