: Wenn der Intendant persönlich schreibt
Immer Ärger mit EFA: Beim Südwestrundfunk herrscht Unruhe wegen des gleichnamigen Rationalisierungsprojekts. Vor allem feste Freie fürchten um ihre Jobs, weil künftig ganze Sendungen außer Haus produziert werden sollen
Wer zurzeit beim Südwestrundfunk (SWR) aus dem Urlaub zurückkehrt und seinen Postberg abbaut, darf sich geschmeichelt fühlen: Der Intendant und derzeitige ARD-Vorsitzende höchstselbst hat geschrieben. Peter Voß hat nämlich ein Problem. Da leidet seine aus den ehemals eigenständigen Südwest- und Süddeutschen Rundfunken zum SWR zusammengefasste Anstalt noch immer an den Folgen ebendieser Fusion. Und jetzt steht der Sender erneut „vor großen Herausforderungen“, wie der Intendant per Rundbrief wissen ließ: „Mit dem SWR können wir nur dann ein gutes Stück Zukunft für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestalten, wenn wir unsere Ressourcen noch gezielter einsetzen.“
Im Klartext heißt das: Einsparungen. Zwar hat der SWR wie alle ARD-Anstalten schon diverse Planstellen abgebaut und so die Personalkosten gesenkt. Allein: Viele der so gesparten Stellen sind nicht wirklich verschwunden, sondern wurden von so genannten „festen Freien“ übernommen. Diese sind nicht beim Sender angestellt, werden aber nach Tarif bezahlt und erhalten zahlreiche Zusatzleistungen wie Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Vorteil des Rechenexempels: Die Ausgaben für die „festen Freien“ fallen nicht unter die Lohnkosten, dafür werden sie in die Produktionskosten für die jeweilige Sendung hineingerechnet. Gerade die sind beim SWR seit der Fusion besonders heftig gestiegen.
„Eigenoptimierung, Fremdvergabe, Ausgliederung“ (kurz: EFA) heißt die Antwort aus dem Hause Voß, und vor allem die Fremdvergabe sorgt für Unruhe im SWR: „Echte“ freie Produktionsfirmen sollen demnächst komplette Sendungen herstellen, die bis jetzt inhouse produziert werden. Betroffen sind als Pilotprojekte zunächst die Regionalmagazine „Nahaufnahme“ und „Treffpunkt“ sowie die acht vom SWR verantworteten Folgen der im ersten ARD-Programm laufenden Reihe „Bilderbuch Deutschland“.
Autoren und sonstige freie Mitarbeiter, so der SWR, sollen dabei von den mit der Produktion betrauten Firmen übernommen werden – und fürchten jetzt um ihre soziale Absicherung. „Eine enge Anbindung ans Haus bedeutet außerdem immer Qualitätssicherung“, sagt eine SWR-Autorin. Ob billiger anbietende freie Produktionsfirmen diese Qualitätsstandards halten könnten, sei mehr als fraglich. Genauso fraglich bleibt, ob die Fremdvergabe den SWR wirklich billiger kommt. „Wir gehen nicht davon aus“, sagt Eva-Maria Matzerath vom Gesamtpersonalrat. „Auf der operativen Ebene sind wir durchaus marktfähig“, die Anstalt habe vielmehr ein Strukturproblem: „Durch die Fusion wurden unnötige Hierarchieebenen eingezogen, was jetzt zu enormen Kompetenzstreitigkeiten führt“ – und eben kostet.
Noch ein Problem dürfte eine Fremdvergabe in großem Stil treffen: „In der Region“, sagt Matzerath, gebe es „gar nicht so viel freien Markt, wie man immer tut“. Und dass teure SWR-Budgets dann plötzlich bei Produktionsfirmen in anderen Bundesländern verbraten werden, hatte der Rundfunkrat schon kürzlich gerügt. STEFFEN GRIMBERG
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